Paris – "König" Rafael Nadal sackte nach 2:41 Stunden Tennisperfektion auf die Knie und jubelte auf dem roten Sand von Roland Garros: Der 34-jährige Spanier hatte dem Weltranglistenersten Novak Djokovic soeben im Finale der French Open mit einem 6:0, 6:2, 7:5-Sieg eine Lehrstunde erteilt und steht nach seinem 20. Grand-Slam-Triumph nun in der ewigen Bestenliste auf einer Stufe mit Roger Federer. Djokovic bleibt bei 17 Major-Titeln.

"Hier zu gewinnen bedeutet in so einem schweren Jahr alles für mich. Heute denke ich nicht an Roger und die großartigen Zahlen. Roland Garros bedeutet alles für mich", sagte Nadal und schickte auch eine Botschaft an die Menschen, die unter dem Coronavirus leiden: "Wir werden es gemeinsam durchstehen."

Roland Garros

Aufgezeigt

Nadal verteidigte sein Pariser Hoheitsgebiet mit fast außerirdischer Kraft und Präzision und feierte mit seinem 100. Sieg beim wichtigsten Sandplatzevent zum 13. Mal den Titel. Djokovic durfte bislang nur 2016 in Roland Garros jubeln. Der Tourdominator kassierte gegen Nadal, der ohne Satzverlust im Turnier blieb, seine insgesamt erst zweite Niederlage in diesem Jahr – schmerzhafter hätte sie kaum ausfallen können.

Nadal gegen Djokovic – das ist ein Klassiker. Kein Duell hat in der Geschichte des Profitennis häufiger stattgefunden, schon vor dem 56. Aufeinandertreffen der beiden schnalzten Experten und Fans mit der Zunge. Sie sollten ein denkwürdiges Duell mit einem unglaublichen Nadal sehen.

Winner.
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Beide hatten auf dem Weg ins Finale wieder einmal allen Unwägbarkeiten getrotzt, dabei waren sie gleichermaßen sorgenvoll ins Turnier gestartet. Der Spanier fürchtete vor der Herbstausgabe die ungewohnten Bedingungen mit schwerem Boden, niedrigen Temperaturen und langsamen Bällen. Doch er spielte sich genauso frei wie Djokovic, dem seine Disqualifikation bei den US Open, seine bis Sonntag einzige Niederlage des Jahres, noch in den Knochen steckte.

Spektakel

Das Endspiel des letzten Grand Slams des Jahres begann spektakulär. "Das ist ein unglaublich hohes Niveau", sagte Boris Becker bei Eurosport, "Nadal spielt in einer anderen Welt, die nur er kennt."

Djokovic setzte einen Stopp nach dem nächsten an, um Grundlinienduellen aus dem Weg zu gehen. Die Taktik wirkte durchaus schlau, aber der Mallorquiner fand auf alles eine Antwort. Vor der Partie hatte Djokovic es als "größte Herausforderung im Sport" bezeichnet, Nadal in seinem "Wohnzimmer" zu schlagen. Und er durfte sich bestätigt fühlen mit dem Ende des ersten Satzes, den er mit der Höchststrafe nach 45 Minuten abhaken musste.

Die Nummer eins der Welt brauchte unter dem geschlossenen Dach des Court Philippe Chatrier ein stärkeres Service und noch mehr Risiko, um irgendwie in die Partie zu kommen. Nach seinem ersten Spielgewinn Anfang des zweiten Satzes zeigte er direkt seine Faust, doch Nadal dachte nicht daran nachzulassen, breakte Djokovic bei dessen zweitem Aufschlagspiel und zog erneut davon.

Außergewöhnlich

Quasi chancenlos.
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Nadal agierte nahe der Perfektion, in den ersten beiden Sätzen leistete er sich gerade einmal sechs vermeidbare Fehler – Djokovic, der überragende Spieler dieses schwierigen Tennisjahres, stand zu diesem Zeitpunkt bei 30. Die 1.000 Zuschauer, die die Veranstalter auf die Anlage lassen durften, sahen Außergewöhnliches.

Vor dem dritten Satz nahm sich Nadal eine kurze Pause, ging in die Kabine und powerte danach weiter. Djokovic hielt weiter mit seiner großen Klasse dagegen und holte erstmals in dem Match ein Break auf. Doch Nadal war einfach zu stark und untermauerte seine Ausnahmestellung auf Sand. (sid, red, 11.10.2020)