Der Wahlkampf war für die Wiener Grünen kein einfacher. Nach dem Rückzug von Maria Vassilakou vor zwei Jahren ordnete sich die Partei neu. Aus einem langwierigen Prozess ging Birgit Hebein als Nachfolgerin hervor. Sie war nicht die logische Kandidatin dafür, man hatte ihr eigentlich nur Außenseiterchancen gegeben. Voller Motivation übernahm sie dennoch die Parteispitze und das Vizebürgermeisteramt inklusive der Agenden für Verkehr und Stadtplanung.

Die Grünen bereiteten alles für eine "Klimawahl" vor. Schon im Jahr davor hatte ihnen dieser Kurs – das Setzen auf Maßnahmen gegen den Klimawandel – den Wiedereinzug in den Nationalrat ermöglicht; sie wurden dann sogar als Juniorpartner der ÖVP Teil der Bundesregierung. Hebein, eigentlich Sozialpolitikerin und nicht aus der Umweltbewegung kommend, ließ sich voll auf das Klimathema ein. Sichtbare Ergebnisse sollte es ebenso in nicht so hippen Bezirken geben – ihre "coolen Straßen" setzte sie auch am Stadtrand um.

Die Spitzenkandidatin der Grünen Birgit Hebein.
Foto: APA/HANS PUNZ

Vor Aktionismus schreckte Hebein nicht zurück. Den warf ihr so manch einer in der Corona-Krise vor, als sie Autospuren auf Straßen zu temporären Radwegen umwidmete – und diesen den polarisierenden Namen Pop-up-Radwege gab. Oder als sie das Aufstellen eines Pools auf dem Gürtel mitorganisierte. Die Fahrbahn wurde für mehrere Wochen gesperrt. Im Pool planschten Anrainer, das Verkehrschaos blieb aus.

Apropos Corona: Die Pandemie machte den Grünen einen Strich durch die Rechnung. Hebein blieb zwar auf dem Klimathema drauf und wollte just im Wahlkampf die autofreie Innenstadt durchsetzen. Gleichzeitig stieg die Zahl der Arbeitslosen. Damit erhob sich die Frage, ob das Klimathema tatsächlich Causa prima bleiben sollte. Die Grünen versuchten zu reagieren. Etwa mit der Forderung einer 35-Stunden-Woche für alle Gemeindebediensteten. Die Verknüpfung von Klimaschutz und sozialem Zusammenhalt haben jedoch nicht alle verstanden.

So bleibt trotz Zugewinns und voraussichtlich zweitbesten Ergebnisses der Grünen bei einer Wien-Wahl ein Aber. Vielleicht wäre mit einer noch klareren Kommunikationsstrategie tatsächlich der von Hebein anvisierte Platz zwei drinnen gewesen. Ein anderes Ziel ist für die Grünen greifbar. Mit dem Zugewinn sind sie einer Fortsetzung der rot-grünen Koalition einen Schritt nähergekommen.

Für die Grünen im Bund ist das Wiener Ergebnis dagegen beruhigend: Auch als Juniorpartner in einer Regierung kann man bei Wahlen zulegen. (Rosa Winkler-Hermaden, 11.10.2020)