Fluch und Segen in einem. Das sind Plug-in-Hybride. Also Hybridautos, die neben einem Verbrennungsmotor auch einen E-Antrieb haben und Akkus, die auch über das Stromnetz geladen werden können.

Plug-in-Hybride können und sollen am Stromnetz aufgeladen werden.
Foto: Toyota

Durch Letzteres unterscheiden sie sich von Mild- und Vollhybriden. Diese beziehen die Energie, mit der die Akkus aufgeladen werden, allein aus der Rekuperation, also der Bremsenergie und überschüssiger Energie, die beim Betreiben des Verbrenners anfällt.

50 und mehr Kilometer e-Reichweite

Plug-in-Hybride schaffen in der Regel rein elektrisch angetrieben Distanzen von rund 50 Kilometern – laut Normverbrauch. Und das müssen sie auch, um von der E-Mobilitätsförderung 2020 erfasst zu werden. Die unterstützt den Kauf eines Plug-in-Hybrids, wenn das Basismodell nicht mehr als 50.000 Euro kostet – wurscht wie teuer dann das frei konfigurierte Fahrzeug ist – mit 2500 Euro.

Das klingt ja im ersten Moment nach der perfekten Lösung. Die Alltagswege kann man rein elektrisch angetrieben zurücklegen, die Autos werden gefördert und dank des geringen Normverbrauchs von in der Regel etwas mehr als ein bis unter drei Liter und der damit verbundenen geringen Emissionen ist die Normverbrauchsabgabe (NoVA) auch meist hinfällig.

Eine Anzeige über den Energiefluss in einem Plug-in-Hybriden.
Foto: Toyota

Der WLTP-Testzyklus

Die geringen Normverbräuche ergeben sich deshalb, weil das Fahrzeug mit vollgeladenen Akkus in den Testzyklus startet, der etwas mehr als eine halbe Stunde dauert, 23,26 Kilometer lang ist und ohne Klimaanlage bewältigt wird – also ein Testszenario, das ein moderner Plug-in-Hybrid vorwiegend elektrisch angetrieben zurücklegt.

Die Krux an diesen Fahrzeugen ist, dass man sie zwar extern laden kann, aber nicht muss. Noch schlimmer, in den meisten Fahrzeugen kann man die Batterie sogar durch den Verbrenner laden lassen. Dann liegt der Real-Spritverbrauch je nach Fahrzeug bei über zehn bis zu zwanzig Liter für 100 Kilometer. Ökologisch sinnvoll ist das also nicht.

Wegen ihrer niedrigen Normverbräuche sind Plug-in-Hybride auch für Hersteller großer Autos interessant. BMW wird demnächst einen Sechszylinder mit einem E-Antrieb kombinieren.
Foto: BMW

Sind die Akkus leer, und lädt man sie nicht mit zusätzlicher Leistung aus dem Verbrennungsmotor, funktioniert so ein Fahrzeug in der Regel wie ein Vollhybrid. Überschüssige Energie, wie sie etwa beim Bremsen entsteht, wird in die Akkus geladen und bei Bedarf, etwa beim Beschleunigen aus dem Stand, wieder abgerufen. Dann liegt der Verbrauch eines solchen Autos meist knapp unter dem eines vergleichbaren Modells, das allein mit einem Verbrennungsmotor angetrieben wird.

Zusatzgewicht

Viel sparsamer kann ein Plug-in-Hybrid im Vollhybridmodus kaum sein, weil er ja viel zusätzliches Gewicht mitschleppen muss. Denken wir nur an die im Vergleich zu einem Vollhybriden viel größeren und schweren Akkus, die dann eben nicht genutzt, sondern nur spazieren geführt werden.

Und das passiert öfter als den meisten lieb ist. Als Norwegen seine E-Mobilitätsoffensive startete und dabei auch Plug-in-Hybride stark förderte, stellte sich bald heraus, dass die Akkus weitaus weniger oft aufgeladen werden, als das möglich und sinnvoll wäre.

In der Realität hängen Plug-in-Hybride seltener an der Steckdose als es vernünftig wäre.
Foto: Skoda

Eine neue Studie des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung (ISI) und des International Council on Clean Transportation (ICCT) kam zu einem ähnlichen Ergebnis. Für die Untersuchung wurden Daten von mehr als 100.000 Plug-in-Hybrid-Autos herangezogen. Das Datenmaterial stammte sowohl aus wissenschaftlichen Arbeiten als auch von Onlineplattformen wie Spritmonitor oder MyMPG und aus Fuhrparks mit Dienstwagen.

Sehr hohe Realverbräuche

Patrick Plötz, Leiter des Geschäftsfelds Energiewirtschaft am Fraunhofer ISI und Hauptautor der Studie, fasst eines der Kernergebnisse zusammen: "Im Mittel fallen die realen Kraftstoffverbräuche und CO2-Emissionen von Plug-in-Hybridfahrzeugen bei privaten Haltern in Deutschland mehr als doppelt so hoch aus wie im offiziellen Testzyklus, während die Werte bei Dienstwagen sogar viermal so hoch sind." Damit sei die Abweichung zwischen offiziellen Angaben und realen Erfahrungswerten bei Plug-in-Hybridfahrzeugen sehr viel größer als bei Fahrzeugen mit konventionellem Verbrennungsmotor, besagt die Studie.

Grund für die starke Abweichung sei, dass private Nutzerinnen und Nutzer ihr Plug-in-Hybridfahrzeug statistisch gesehen lediglich an drei von vier Tagen am Stromnetz aufladen. Bei Dienstwagen würde im Mittel sogar nur ungefähr an jedem zweiten Fahrtag geladen.

Werden Plug-in-Hybride so oft wie möglich geladen, sind sie auch sparsam.
Foto: Toyota

In Österreich dürfte das Ergebnis nicht viel anders sein. Und nur um das einordnen zu können: Während bei uns heuer bis September laut Statistik Austria die Neuzulassungen bei Pkw um mehr als 30 Prozent zurückgingen, nahm der Anteil an Benzin-Plug-in-Hybriden um fast 250, jener der nicht von der E-Mobilitätsförderung unterstützten Diesel-Plug-in-Hybride gar um mehr als 330 Prozent zu. E-Autos legten im gleichen Zeitraum um mehr als 20 Prozent zu.

Mehr Reichweite, schwächere Verbrenner

Als eine Lösung sehen die Forschungsautoren an, die Leistung der Verbrennungsmotoren zu reduzieren und die elektrische Reichweite dieser Fahrzeuge zu erhöhen – was inzwischen auch passiert. Wie bei den rein elektrisch angetriebenen Fahrzeugen nimmt auch bei den Plug-in-Hybriden die elektrische Reichweite ständig zu – was aber zu einem guten Teil der Tatsache geschuldet ist, dass die Batterien bei gleicher Baugröße ständig effizienter und leistungsstärker werden. ICCT-Direktor Peter Mock empfiehlt zudem, "bei der Förderung von Plug-in-Hybridfahrzeugen die Modelle zu bevorzugen, die über eine hohe elektrische Reichweite und gleichzeitig eine geringe verbrennungsmotorische Leistung verfügen".

Für Förderungen und geringere Steuerzahlungen ist es in Österreich nicht relevant, woher ein Plug-in-Hybrid seine Antriebsenergie bezieht. Auch teurer Sprit könnte eine Motivation zum Anstecken sein. Denn selbst wenn Paracelsus jetzt rotiert: Auf die Dose kommt es an. (Guido Gluschitsch, 12.10.2020)