Veronika Mickel (ÖVP) war seit 2015 Bezirksvorsteherin im achten Bezirk.

Foto: Matthias Cremer

Eigentlich gilt die Josefstadt ja als traditionelles ÖVP-Homeland, früher schwarz, seit einiger Zeit wie im Bund türkis. Aber im flächenmäßig kleinsten Bezirk der Bundeshauptstadt könnte eine Umfärbung bevorstehen. Laut Hochrechnung vom späten Sonntagabend wechselt der 8. Bezirk nämlich höchstwahrscheinlich von Türkis auf Grün.

Die Grünen kommen demnach auf 31,1 Prozent und legten am Sonntag um 3,9 Prozentpunkte zu, die ÖVP verlor hingegen leicht um minus 0,5 Prozentpunkte und landet nun bei 30,1 Prozent. Die SPÖ schaffte 20,7 Prozent (+1), die Neos erhielten 8 Prozent (+2), die FPÖ wählten 3,9 Prozent (–6,1) der Josefstädter Wählerschaft. Links erhielt 3 Prozent, für die sonstigen Listen blieben 3,2 Prozent.

Traditionell knappes Rennen

ÖVP-Bezirksvorsteherin Veronika Mickel müsste demnach, wenn die Hochrechnung so hält, ihr Amt nach zehn Jahren an den Grünen-Spitzenkandidaten Martin Fabisch übergeben. Im Achten waren die Wahlen übrigens traditionell eine knappe Sache. Anfang des Jahrtausends, bei der Bezirksvertretungswahl 2001, trennten Platz eins (ÖVP) und drei (Grüne) nur 0,65 Prozentpunkte. Die SPÖ auf Platz zwei lag dazwischen. Jede der drei Parteien konnte rund ein Viertel der Wahlberechtigten von sich überzeugen.

Die erste Reaktion Birgit Hebeins auf das Wahlergebnis
DER STANDARD

Josefstadt war schon mal grün

Vor fünf Jahren lagen die Grünen schließlich nur noch 3,3 Punkte hinter der Bezirks-ÖVP (30,55 Prozent). Was es heißt, von Grünen auf Bezirksebene regiert zu werden, wissen die Bewohnerinnen und Bewohner der Josefstadt aber ohnehin schon. Denn vor 15 Jahren, ab 2005, gab es bereits einmal eine grüne Regentschaft am Schlesingerplatz. Die endete allerdings nach parteiinternen Zerwürfnissen nach nur einer Periode: Nach der Wahl 2010 war schon wieder Schluss mit einem grünen Bezirksvorsteher.

Die Hoffnungen der Josefstädter ÖVP liegen nun ganz auf den Wahlkartenwählerinnen und -wählern des Bezirks. Und die könnten den Verlust des Bezirks an die Grünen noch verhindern, weil der Abstand ja recht knapp ist. In keinem anderen Bezirk wurden so viele Wahlkarten ausgegeben wie in der Josefstadt: 7354 der 15.086 Wahlberechtigten (49 Prozent) wollten am Sonntag nicht persönlich im Wahllokal abstimmen. Wie sie gewählt haben, ist also noch unbekannt – und die Hoffnung der Josefstädter ÖVP. (nim, 11.10.2020)