In den 23 Wiener Bezirken waren insgesamt 1.362.789 Menschen wahlberechtigt – darunter auch rund 230.000 nichtösterreichische EU-Bürger.

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Sie war eigentlich die größere Wien-Wahl am Sonntag, auch wenn sie wie immer im Schatten der Gemeinderatswahl stand. Insgesamt durften – wegen des Wahlrechts für EU-Ausländer – mehr Menschen abstimmen, mehr Parteien ritterten mit, mehr Mandate wurden vergeben. Und der erste Platz stand vielerorts noch nicht so unverrückbar fest wie für Michael Ludwig.

Die Rede ist von der Wahl der 23 Wiener Bezirksvertretungen. Diese sorgten auch noch bei Redaktionsschluss für Spannung, zumal in manchen Bezirken erst die Auszählung der Briefwahlstimmen darüber entscheiden wird, wer künftig den Bezirk regiert. Das endgültige Ergebnis in den Bezirken wird erst am Dienstagabend feststehen. Die Hochrechnungen inklusive Wahlkartenprognose zeigen allerdings, dass die Dominanz der SPÖ künftig auch für eine stärkere Rotfärbung der Bezirke sorgen wird – bisher waren 15 von 23 in der Hand der SPÖ, vier Bezirkschefs stellte die ÖVP, drei kamen von den Grünen und einer von der FPÖ.

SPÖ legt in Flächenbezirken stark zu

Fix ist, dass die SPÖ nun den Arbeiterbezirk Simmering wieder von den Freiheitlichen zurückerobern konnte. Paul Stadler, der einzige blaue Bezirksvorsteher Wiens, muss daher seinen Posten für seinen Stellvertreter Thomas Steinhart räumen, der 42 Prozent der Simmeringer überzeugen konnte. Stadler erreichte zwar trotz des Wien-Debakels seiner Partei immerhin 27 Prozent, doch auch das ist ein Absturz um mehr als 14 Prozentpunkte.

Im Flächenbezirk Floridsdorf hatte die FPÖ 2015 nur hauchdünn gegen die SPÖ verloren, nun beträgt der Abstand zwischen SPÖ (45 Prozent) und FPÖ (zehn Prozent) plötzlich 35 Prozentpunkte. Dazwischen rangiert die ÖVP mit einem Plus von zwölf Prozentpunkten bei rund 19 Prozent.

Die erste Reaktion Michael Ludwigs auf das Wahlergebnis
DER STANDARD

ÖVP stellt Bezirkschefs in traditionellen Hochburgen

Die Volkspartei wird künftig wohl nur mehr drei Bezirkschefs stellen, da ihr die Grünen nach derzeitigem Stand die Josefstadt abluchsen können.

In der Inneren Stadt konnte der türkise Bezirksvorsteher Markus Figl seinen Vorsprung gegenüber der SPÖ ausbauen. 39 Prozent der City-Bewohner schenkten Figl ihr Vertrauen, die SPÖ verliert ein wenig und hält bei 23 Prozent. Figls 2015 zur FPÖ übergelaufene Vorgängerin Ursula Stenzel ist als blaue Spitzenkandidatin mit einem prognostizierten Ergebnis von fünf Prozent krachend gescheitert, ihr winkt das endgültige politische Karriereende.

Die Döblinger wählten auf Gemeindeebene und Bezirksebene sehr unterschiedlich. Während für den Gemeinderat die SPÖ mit 36 Prozent klar vor der ÖVP mit 28 Prozent liegt, stellt sich die Situation bei der Bezirkswahl exakt umgekehrt dar. Der Abgang des 40 Jahre lang regierenden schwarzen Bezirksvorstehers Adolf Tiller in die Pension dürfte der ÖVP in Döbling also nicht geschadet haben, sein Nachfolger Daniel Resch konnte im Nobelbezirk ebenso reüssieren.

Auch in ihrer traditionellen Hochburg Hietzing, einem Bezirk mit gutbetuchter Klientel im Westen der Stadt, konnte die ÖVP leicht zulegen und erreichte um die 42 Prozent auf Bezirksebene. Die SPÖ stagniert mit 24 Prozent der Hietzinger Stimmen, die Grünen legen um zwei Prozentpunkte auf 14 Prozent zu.

Grüne dominieren siebenten Bezirk

Den größten Erfolg für die Grünen gab es wie so oft im Bobo-Bezirk Neubau. Satte 41 Prozent der Wähler im Siebenten machten ihr Kreuz auf dem Bezirksstimmzettel bei den Grünen, die SPÖ liegt weit dahinter bei rund 22 Prozent. In Währing dürften die Grünen nach aktuellen Prognosen kräftig um sechs Prozentpunkte zulegen und künftig wieder die Bezirksvorsteherin stellen.

Niedrige Hürden lassen Kleinparteien auf Mandate hoffen

Noch besonders spannend werden die Endergebnisse für die Kleinparteien, denn auf Bezirksebene gibt es keine explizite Sperrklausel. Somit darf das Bündnis Links (inklusive KPÖ) auf eine starke lokale Verankerung in den Bezirksvertretungen hoffen, auch wenn es mit seinen zwei Prozent klar an der Fünfprozenthürde gescheitert ist. Pro Bezirk werden immerhin zwischen 40 und 60 Mandate vergeben, wodurch ein Sitz relativ leicht zu erringen ist. Auch die Bierpartei wird wohl in einige Bezirksparlamente einziehen. (ta, 11.10.2020)