Steven G. hat Bauch und Busen, er ist 1,83 Meter groß und trägt Größe 3XL. Man könnte auch sagen: Steven G. sieht aus wie ziemlich viele Männer da draußen. Im Gegensatz zu jenen Männern da draußen ist er allerdings ein Model – das dürften seit kurzem ein paar Menschen mehr wissen. Denn Steven G. hat einen Job an Land gezogen, der ihn ins Rampenlicht katapultiert hat. Das Männermodel aus Kansas City wurde von Rihanna für ihr Unterwäschelabel Savage X Fenty engagiert: Wie die Kollegen posiert er nun auf der Website des Unternehmens in Pyjamas, Badehosen und Boxershorts, elf Kleidungsstücke umfasst Rihannas Männerkollektion. Ein normaler Job war der Auftrag für das Model, das bei der Agentur Bridge Models unter Vertrag ist, nicht: Zum ersten Mal habe er seinen nackten Oberkörper im Internet gezeigt, schreibt er auf Instagram.
Neben all den anderen Kurven fallen Steven G.s Bauch und Busen auf der Website des Unterwäsche-Labels Savage X Fenty allerdings gar nicht weiter ins Gewicht. Das Unterwäsche-Imperium des Popstars versteht sich als inklusiv, seit der Gründung des Labels vor zwei Jahren arbeitet Rihanna mit Models aller Größen zusammen. So selbstverständlich, wie das Casting auf der Website des Wäsche-Unternehmens aussieht, ist es allerdings auch wieder nicht. Body-Positivity war bislang vor allem weiblichen Models vorbehalten.
Während es in den vergangenen Jahren selbstverständlicher wurde, dass weibliche Models aller Größen Karriere machen können und sie mit Superstars wie Ashley Graham (11,4 Millionen Fans) erfolgreiche Vorbilder haben, hinkt das Männermodel-Business noch immer hinterher.
Selbst der US-Amerikaner Zach Miko, der 2016 von der Agentur IMG unter Vertrag genommen wurde und zu den bekannteren Vertretern seiner Zunft gehört, hat bei Instagram überschaubare 88.000 Follower.
Männermodels ohne Sixpack oder Männer, die nicht aussehen wie schlaksige Wiedergänger von Hedi Slimane, sind entweder prominent (Levi's engagierte heuer den Musiker Khalid Robinson, er hat allein auf Instagram 7,6 Millionen Follower), die anderen müssen sich meist mit wenig glamourösen Jobs für Onlineshops und Kataloge begnügen. Auf den Laufstegen der High-Fashion-Brands sind sie erst recht unsichtbar.
Dass Rihanna jetzt die männliche Zielgruppe angräbt und konsequenterweise in die Vollen geht, darf als Signal an die Modeindustrie verstanden werden: Engagiert Männermodels mit Bauch! Versteckt sie nicht unter zeltartigen Hemden! Die männliche Kundschaft wird das Engagement der Firmen sicherlich mit einem Klick auf den Einkaufskorb belohnen. Der Pyjama und die Boxershorts, die Steven G. für Savage X Fenty trägt, sind jedenfalls schon ausverkauft.
Und ja, Zeit wird's, dass sich heimische Hersteller ein Beispiel daran nehmen. Hat nicht Palmers-Chef Wieser unlängst bekannt, bei seinem Unternehmen die Größe XXL eingeführt zu haben, damit für ihn etwas dabei sei? Wie wär's also, Herr Wieser? (Anne Feldkamp, 15.10.2020)