Annabelle Konczer hat während des Lockdowns ihr eigenes Zahnlabor gegründet.
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"Ich wollte mich schon länger selbstständig machen, die Corona-Krise hat das beschleunigt. Momentan ist alles aufregend, es ist viel zu tun und zu organisieren. Ich habe gar keine Zeit, mir über etwas den Kopf zu zerbrechen. Ich weiß, was ich kann, und vertraue mir.

Vor zehn Jahren bin ich schon einmal ins kalte Wasser gesprungen, als ich in dem Zahnlabor gekündigt habe, in dem ich zehn Jahre gearbeitet hatte. Ich hatte noch keinen anderen Job. Ein bisschen naiv, aber es war trotzdem die richtige Entscheidung. Wenn ich in dem Zahnlabor geblieben wäre, hätte ich mich nie so gemausert, obwohl es ein sehr innovatives Labor gewesen ist. In der Zahntechnik hat sich viel verändert, jetzt braucht man auch ein 3D-Verständnis. Ich habe mich schon sehr früh damit beschäftigt.

Dieser Text ist im Magazin Der Standard Karriere am 15. 10. 2020 erschienen.

Ich habe dann als Zahntechnikerin bei einem Zahnarzt begonnen. Das hat mir noch zusätzliche Erfahrung gebracht. Ich konnte selbstständiger arbeiten, hatte Patientenkontakt, man kann mehr Rücksicht darauf nehmen, wie der Patient gebaut ist, welcher Zahn zu ihm passt oder welche Farbe dieser haben muss. Dort habe ich auch die Meisterprüfung gemacht.

Im Gründerprogramm

Die Zusammenarbeit war sehr freundschaftlich, umso enttäuschter war ich, als er mir gleich nach dem Lockdown angeboten hat, das Arbeitsverhältnis einvernehmlich aufzulösen. Meine Kollegen wurden später in Kurzarbeit geschickt. Das hat mich aber dazu motiviert, einen Businessplan für mein eigenes Zahntechniklabor zu schreiben. Ich habe mich gleich für das Unternehmensgründungsprogramm beworben und bin sofort reingekommen. Und wenn ich schon neu anfange, dann wollte ich das gleich richtig tun: Im Juli bin ich von Wien nach Graz gesiedelt. Im August habe mich um Investitionsprämien und Förderungen gekümmert, und am 1. September habe ich mein Zahnlabor Zahnraum-digital in Graz eröffnet.

Da ich digital arbeite, kann ich das von zu Hause aus machen. Das ist für meine Branche noch unüblich. Ich habe ein Konzept erarbeitet, bei dem mir Ärzte keinen Abdruck mehr schicken müssen, sondern nur die Daten des Intraoralscanners. Das sieht aus wie eine übergroße Zahnbürste, mit der der Kiefer des Patienten abgescannt wird, und der Patient erspart sich damit den Abdruck. Mit den Daten erstelle ich mit einem 3D-Drucker ein Modell und konstruiere dann am Computer die Krone, die Brücke oder das Inlay.

Ich kooperiere auch mit einem anderen Zahntechniker. Wir haben uns gemeinsam eine neue Fräsmaschine gekauft, die steht bei ihm im Labor. Wir profitieren beide von der Zusammenarbeit und können uns gegenseitig unterstützen. Die Kontakte zu Zahnärzten knüpfe ich über Social Media. Ich stelle meine Arbeiten auf Facebook und Instagram. Das Klinkenputzen macht man nicht mehr. Mit meinem Konzept kann ich ortsunabhängig arbeiten. Ich kann genauso gut mit einem Zahnarzt in Vorarlberg zusammenarbeiten. Schlussendlich bin ich froh und dankbar, wie alles gekommen ist. Ich habe mich endlich selbstständig gemacht und freu mich auf das, was kommt." (Stefanie Leschnik, 22.10.2020)