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Neben Microsoft analysieren die Autoren auch Nike, Adobe, Siemens oder John Deere. Wichtiges Finding bei deren Analyse: Technologie wird nicht mehr nur als Werkzeug für mehr Effizienz und bessere Performance gesehen, sondern auch als kritischer Produktionsfaktor.
Foto: AP Photo/Swayne B. Hall

"Beyond Great" – das ist sehr amerikanisch und schwer so knallig ins Deutsche zu übersetzen. Jedenfalls geht es in dem englischsprachigen Buch der Boston Consulting Group um die Kunst, Unternehmen jetzt in die nachhaltig beste Position zu bringen. Great ist durch die Pandemie vorbei, jetzt müsse es darüber hinausgehen, so die Botschaft.

Es reiche nicht mehr, Spitzenperformances abzuliefern mit dem Verkauf differenzierter Produkte und Services. Jetzt seien maßgeschneiderte Lösungen gefragt, die Ergebnisse und Erlebnisse liefern, die Kunden Freude bereiten. Ebenso ist es zu wenig, so der neue Ratgeber für die Organisation der Zukunft, das kosteneffizienteste Produktions- und Verteilsystem zu betreiben. Jetzt müsse ein Netzwerk entwickelt und aufgebaut werden, das volle Flexibilität besitzt bei Disruptionen und der Änderung bekannter Regeln – bei steuerlichen Änderungen, Reisebeschränkungen, jedweder Art veränderter Situationen bei Kunden. Im Beratersprech heißt das "Aufbau des Wettbewerbsvorteils im 21. Jahrhundert".

Arindam Bhattacharya, Nikolaus Lang, Jim Hermelin, "Beyond Great". BCG, 2020
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Angeführt wird eine Reihe von Unternehmen, die bereits in Vorlage gegangen sind und als Beispiele dienen. Daraus wird ersichtlich, dass es zwar nach wie vor um die Profite für Shareholders geht. Aber diese Gewinne, so die Exegese des Buchs, werden nicht nur im Hinblick auf Profitmaximierung erzielt, sondern auch im Hinblick auf so etwas wie Gemeinnutzen, also Kunden, Mitarbeiter, lokale Communities, Regierungen und Umwelt sind einbezogen. Das klingt ein bisschen wie die gute alte Nachhaltigkeitsstrategie in all ihren Dimensionen – gut möglich also, dass Firmen in Österreich da bereits vor Corona angelangt sind. Abseits der Börsen, aber auch Börsennotierte.

Fragenkataloge

Dreh- und Angelpunkt ist auch hier die Resilienz, um beyond great zu gelangen. Das Buch offeriert hierfür neun Strategien, auch um Widersprüche – etwa Umwelt und Profite – managebar zu machen:

Fragen werden aufgeworfen und beantwortet. Dazu gehört etwa, andauernd die Balance zwischen lokal und global zu halten und nachzujustieren. Was kann global erzeugt, erarbeitet werden, was global? Wie ist grenzüberschreitendes Arbeiten mit all den höchst unterschiedlichen lokalen Vorgaben möglich?

Wichtiges Finding bei der Analyse der Zukunftsfirmen (Nike, John Deere, Microsoft, Adobe und Siemens stehen auf dieser Liste): Technologie wird nicht mehr nur als Werkzeug für mehr Effizienz und bessere Performance gesehen, sondern auch als kritischer Produktionsfaktor. Zudem dreht sich viel um die bionische Organisation, also die fortschreitende Verbindung von Mensch und Maschine.

Thema sind auch die Mitarbeitenden. Wie können Unternehmen sicherstellen, dass sie ihre Leute gut behandeln? Da ließe sich auf Konzernebene sicher sehr viel ausleuchten in der Produktions- und Wertschöpfungskette. Wichtigster Schlusspunkt der Fragenprozesse: Welche operativen und organisationalen Veränderungen können Firmen widerstandsfähiger machen? Ohne viel zu verraten – der in früheren Jahrzehnten oft zitierte "organizational slack", also die Speckschicht, ist es nicht. Anstrengende Nachricht: Einmal bauen und dann ruhen, so läuft das auch nicht. (Karin Bauer, 15.10.2020)