Supererden um kleinere Sterne als die Sonne könnten vielleicht bessere Lebensbedingungen bieten als unser Heimatplanet.
Illustr.: NASA Ames/SETI Institute/JPL-Caltech

Der Mars, einige Monde um Jupiter und Saturn und neuerdings auch die Venus gelten in unserem Sonnensystem als jene Planeten, die außerirdisches Leben beherbergen könnten. Als Maßstab für die dort vermuteten Mindestanforderungen für Lebensfreundlichkeit gilt der einzige Planet, von dem man tatsächlich weiß, dass er Leben hervorgebracht hat: die Erde. Ist unser Heimatplanet aber deshalb auch das universelle Ideal für Habitabilität? Keineswegs, meinen Astronomen – nur weil die Erde der einzige Ort ist, auf dem sich bekanntermaßen Leben entwickelt hat, heißt das nicht automatisch, dass es nicht noch besser geeignete Welten geben könnte. Ein Team von US-Astrobiologen hat nun zwei Dutzend Exoplaneten identifiziert, die möglicherweise sogar als superhabitabel gelten könnten.

Kriterien für Superhabitabilität

Für ihre im Fachjournal "Astrobiology" veröffentlichte Studie haben Dirk Schulze-Makuch von der Washington State University und seine Kollegen zunächst die Kriterien für diese Superhabitabilität ermittelt. "Bei unserer Suche nach Leben im All müssen wir uns auf jene Planeten konzentrieren, die die vielversprechendsten Bedingungen für ein komplexes Leben bieten", sagt der Astrobiologe. "Allerdings sollten wir nicht außer Acht lassen, dass es durchaus zahlreiche Planeten geben könnte, die für das Leben noch deutlich besser geeignet sind als unsere Erde."

Eine der wichtigsten Eigenschaften einer solchen Welt ist dabei sicherlich die Lebensdauer des entsprechenden Sternensystems. Unsere Sonne beispielsweise hat eine relativ kurze Lebensdauer von weniger als zehn Milliarden Jahren. Nimmt man die Erde als Vorbild, dann dürfte es mindestens annähernd vier Milliarden Jahre dauern, ehe sich komplexes Leben entwickelt. Damit ist die Zeit auf Planeten um Sterne der Spektralklasse G, der auch die Sonne angehört, durchaus knapp bemessen, wenn es darum geht, höhere Lebensformen hervorzubringen.

Tabelle: Exoplaneten um K-Zwergsternen in der habitablen Zone.
Grafik: Astrobiology/ Schulze-Makuch et al.

Daher nahmen die Forscher vor allem Systeme mit Zwergsternen der Spektralklasse K ins Visier, die etwas kühler, masseärmer und weniger leuchtstark sind als unsere Sonne. Solche K-Sterne haben den großen Vorteil einer langen Lebensdauer von 20 bis sogar 70 Milliarden Jahren. Planeten in einem solchen System hätten also mehr als genug Zeit für die Entwicklung von komplexen Lebensformen. Rote Zwergsterne der Spektralklasse M, die die Mehrzahl der Sterne in der Milchstraße ausmachen, "leben" zwar noch einmal deutlich länger, ihre unstete Existenz mit ihren häufigen Eruptionen stellen für potenzielle Lebensformen auf nahen Planeten allerdings ein Problem dar.

Alter, Größe und Feuchtigkeit

Zu alt sollten Planeten überdies auch nicht sein, denn ab einem gewissen Zeitpunkt erschöpft sich die geothermische Wärme in ihrem Inneren und der magnetische Schutzschild gegen das stellare Teilchenbombardement bricht zusammen. Als ideales Alter für Leben auf einem Planeten setzen die Forscher daher bei fünf bis acht Milliarden Jahre alt an.

Größe und Masse der Exoplaneten spielen ebenfalls eine wichtige Rolle. Die Erde stellt in dieser Hinsicht nicht unbedingt das Optimum dar: So besitzt eine Welt, die etwa zehn Prozent größer ist als unsere planetare Heimat, dank einer größeren Oberfläche mehr Auswahl für Lebensräume. Eine größere Masse erzeugt im Planeteninnern überdies mehr Wärme durch radioaktiven Zerfall. Hinzu kommt, dass eine solche Supererde aufgrund ihrer höheren Schwerkraft in der Lage ist, eine Atmosphäre über einen längeren Zeitraum aufrechtzuerhalten.

Liste der potenziell superhabitablen Exoplandeten.
Tabelle: Astrobiology/ Schulze-Makuch et al.

Wasser gilt generell als Grundlage für die Entwicklung von Leben. Die Forscher gehen daher davon aus, dass ein bisschen mehr davon durchaus hilfreich ist. So würde eine insgesamt um fünf Grad Celsius höhere mittlere Oberflächentemperatur, als sie derzeit auf der Erde herrscht, gemeinsam mit durchschnittlich mehr Feuchtigkeit für Leben noch bessere Bedingungen bieten. Auf der Erde lässt sich dies daran ablesen, dass in den feuchteren und wärmeren tropischen Regenwäldern eine größere Artenvielfalt zu beobachten ist als in kälteren, trockeneren Regionen.

24 Kandidaten

Auf der Grundlage all dieser Kriterien hat das Team um Schulze-Makuch unter 4500 Exoplaneten und Exoplaneten-Kandidaten nun 24 Welten ausgemacht, die zumindest einige der Bedingungen für Superhabitabilität besitzen könnten. Einer davon erfüllt sogar vier der kritischen Vorgaben, was ihn möglicherweise für das Leben deutlich komfortabler macht als unseren Heimatplaneten: KOI 5715.01 ist ungefähr 1,8-mal größer als die Erde und rund 3.000 Lichtjahre entfernt.

"Es geht uns hier allerdings nicht darum, potenzielle Ziele für direkte Beobachtungen zu identifizieren – alle diese Exoplaneten sind immerhin mehr als hundert Lichtjahre entfernt. Unsere Studie sollte vielmehr veranschaulichen, dass einige superhabitable Welten möglicherweise bereits zu den von uns entdeckten Exoplaneten zählen", meinen die Wissenschafter. (Thomas Bergmayr, 13.10.2020)

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