Der Tennengau mit der Bezirkshauptstadt Hallein wurde mit zusätzlichen Beschränkungen belegt.

foto: stefanie ruep

Wer wissen will, was man sich unter den von der Bundesregierung am Montag diskutierten "gezielten regionalen Maßnahmen" vorstellen soll, der kann diese aktuell im Salzburger Tennengau beobachten. Der Tennengau – deckungsgleich mit dem politischen Bezirk Hallein – ist Infektionshotspot in Österreich.

Auf 100.000 Einwohner gerechnet waren im Tennengau vergangenes Wochenende in Siebentagesinzidenz rund 240 Personen positiv getestet worden. Weitere 500 Personen wurden behördlich abgesondert. Über die Zahl der tatsächlich erkrankten Menschen gibt es keine Daten, sie dürfte aber nach Auskunft eines Landesbeamten nicht besonders hoch sein.

Zum Vergleich: Im Bundesland Salzburg steht diese Infektionskennziffer bei rund 90 Personen, in Wien wurden 160 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen registriert. Auslöser der Infektionen waren eine Hochzeit in der Gemeinde Adnet sowie ein privates Fest in der Gemeinde Kuchl.

Eine normale Landhochzeit

Entgegen anderslautenden Gerüchten wurden beide Veranstaltungen von Einheimischen organisiert. Es sei "eine Landhochzeit" gewesen, berichtet ein mit der Causa befasster Beamter, "mit Brautstehlen und allem, was dazugehört".

Bis vorläufig 26. Oktober sind im Tennengau alle Veranstaltungen und auch alle Privatpartys außerhalb des Wohnraums verboten. An Begräbnissen können maximal 100 Personen teilnehmen. Eltern dürfen die Kindergärten nicht mehr betreten, sie müssen die Kinder an der Tür abgeben. Für die besonders betroffene Gemeinde Kuchl gilt zudem eine Gastronomiesperrstunde ab 17 Uhr und ein Besuchsverbot für Pflege- und Seniorenheime.

Bei den Bürgermeistern der Tennengauer Gemeinden kommen die Beschränkungen nicht gut an. Grundsätzlich sollten Maßnahmen auf jene Gemeinden beschränkt bleiben, die rot oder orange seien, sagte der Halleiner Bürgermeister Alexander Stangassinger (SPÖ).

Falsche Angaben

Aber auch in der Bevölkerung dürfte die Kooperationsbereitschaft abnehmen. Salzburgs Landessanitätsdirektorin Petra Juhasz berichtet, dass es schwierig sei, "beim Contact-Tracing genaue Antworten zu bekommen". Es nehme zu, dass man falsche Angaben bekomme. Der passive Widerstand mache das Tracing zu einer Sisyphusarbeit, berichtet ein mit der Nachverfolgung befasster Beamter.

Die Stimmung in der Bevölkerung, aber auch diverse Gerüchte haben Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) am Montag veranlasst, Spekulationen über eine Verlängerung der Herbstferien zur Verringerung der Corona-Infektionszahlen erneut zurückzuweisen: Die Herbstferien von 24. Oktober bis 2. November kämen wie geplant, betonte er im Ö1-Mittagsjournal.

Kein Lockdown

979 Neuinfektionen mit dem Coronavirus sind österreichweit innerhalb von 24 Stunden gemeldet worden (Stand: Montag, 9.30 Uhr). Vier weitere Menschen starben in Österreich mit dem Virus, womit bisher 855 Tote zu beklagen sind. Der Schnitt der täglichen Neuinfektionen in den vergangenen sieben Tagen lag am Montag bei 1.057.

Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) bestätigt vorerst aber nur, dass er zusätzliche Maßnahmen "in der Schublade" habe. Einen möglicherweise bevorstehenden zweiten Lockdown schloss er de facto aus. (Thomas Neuhold, 12.10.2020)