In Ischgl, in Landeck, in Innsbruck und in Wien sind Fehler im Umgang mit dem Coronavirus-Ausbruch begangen worden. Es wurde definitiv nicht alles richtig gemacht. Dieser Schluss der Tiroler Expertenkommission, die am Montag ihren Bericht präsentierte, kommt wahrlich für niemanden überraschend – nicht mal für die treuesten "Mander" der Tiroler Politik, die das seit Frühling anders zu sehen versuchten.

Der angesehene Jurist Ronald Rohrer richtete als Kommissionsvorsitzender vielen Verantwortlichen eine klare Botschaft aus: Die lokalen Behörden waren schlecht auf eine Evakuierung vorbereitet. Das Gesundheitsministerium hat es verabsäumt, die Pläne aus dem Epidemiegesetz ins 21. Jahrhundert zu hieven. Der Ischgler Bürgermeister Werner Kurz hat wider besseres Wissen die Liftanlagen zu spät geschlossen. Rohrer fand aber auch deutliche Worte für Bundeskanzler Sebastian Kurz – und hat damit vollkommen recht.

Der Jurist Ronald Rohrer kritisierte als Kommissionsvorsitzender sowohl das Verhalten der lokalen Behörden in Ischgl als auch das von Bundeskanzler Sebastian Kurz.
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Kurz habe durch die voreilige Ausrufung der Quarantäne bei einer der unzähligen Regierungspressekonferenzen für das folgenschwere Chaos bei der Abreise an jenem Freitag, den 13., gesorgt, so Rohrer. Dabei war er nicht einmal zuständig. Auch wenn die Quarantäneverordnung für Ischgl und Co – wie vieles in Tirol – zu spät kam, so hätte sie in einem für Polizei und Politik kontrollierbaren Rahmen ablaufen müssen. So wurde gehudelt, Verwirrung gestiftet und letztlich dafür gesorgt, dass sich tausende Touristen unkontrolliert über Europa verteilten.

Keiner kann etwas dafür, dass das Coronavirus in Ischgl ankam. Man hätte aber verhindern können, dass sich Touristen aus Angst, in Ischgl eingesperrt zu sein, in Hotels in der Landeshauptstadt einquartierten und im Flieger wohl noch etliche andere Personen ansteckten.

Kurz wollte Kante zeigen, die Tiroler, die gerade an einem geregelten Quarantäneplan tüftelten, "overrulen" und sich als Macher inszenieren. Durch seinen PR-Stunt hat er eine Torschlusspanik erzeugt, die dem Ruf Ischgls, Tirols und Österreichs nachhaltig schaden wird. Wenn Kurz schon unbedingt eine Quarantäne verkünden wollte, hätte diese rückwirkend oder ab sofort und nicht erst in ein paar Stunden gelten müssen. Strafrechtlich relevant ist das wohl nicht, die begangenen Fehler wird sich der Kanzler aber eingestehen und dafür geradestehen müssen. Eine Entschuldigung ist überfällig. Die hat sogar schon Günther Platter über die Lippen gebracht. (Fabian Sommavilla, 12.10.2020)