Florian Aigner, "Die Schwerkraft ist kein Bauchgefühl". 24,– Euro / 256 Seiten. Brandstätter, Wien 2020

Cover: Brandstätter-Verlag

Viele Menschen haben keine Anknüpfungspunkte zu einer wissenschaftlichen Weltanschauung. Sie können die Autorität der Wissenschaften weder erkennen noch akzeptieren und imaginieren sich Welten herbei, in denen sie selbst die wahre Erkenntnis besitzen, die aus Chemtrails, der Erde als flacher Scheibe oder heimlichen Alien-Invasionen besteht. Sie projizieren ihr Gefühl, dass etwas mit der Welt nicht stimmt, in Esoterik und Weltverschwörung.

Florian Aigners Buch "Die Schwerkraft ist kein Bauchgefühl" kann seine Leser vor diesen Irrwegen bewahren. Auf niederschwellige Weise besucht er von Gödel bis Einstein jene Glanzlichter, die zum physikalisch und mathematisch geprägten Weltbild von heute führen.

Er veranschaulicht die wissenschaftliche Methodenvielfalt in plastischen Anekdoten und mit stets eingeflochtenem Humor – der auch einmal Katzen und Einhörnern den Vortritt lässt.

Grenzen finden

Und egal, ob er im Buch gerade von Quantenphysik – die Aigner selbst studiert hat – oder von bösen Hosengnomen erzählt – immer geht es auch darum, Grenzen zu finden: Was können die Naturwissenschaften beweisen, was nicht? Wie steht es um die Aussagekraft von Beobachtung und Experiment? Wie können Studienergebnisse illegitim manipuliert werden? Und wann ist es nun doch besser, auf das titelgebende Bauchgefühl zu hören?

Mit feinem Messer seziert Aigner die Anatomie der Wissenschaften, um ihre Stärken, ihre Schönheit zu zeigen, aber auch Bereiche, für die ihre Aussagen nicht mehr gelten. Er stellt Wissenschaft als dichtes Netzwerk von sich gegenseitig stützenden Fakten, Beobachtungen, Theorien – und Menschen vor.

Den Lesern gibt er damit auch Kompass und Karte für die Orientierung im Labyrinth aus Meinungen, Behauptungen und gezielten Manipulationen in die Hand. Im besten Fall entwickelt man ein Bauchgefühl für die Unterscheidung von Wissenschaft und Unsinn. (Alois Pumhösel, 18.10.2020)