Jazz und Hip-Hop – kennt man. Die Anleihen bei Fusion ebenso, aber nicht immer sind die Ergebnisse so toll wie bei Butcher Brown.

Foto: Universal Music

Butcher Brown – der Name lässt Grobschlächtigkeit vermuten, doch die gleichnamige Band aus Richmond, Virginia, metzgert selten, der Name steht vielmehr für eine gewisse Erdung, eine Verwurzelung. Diese reicht bei Butcher Brown vom Jazz zum Hip-Hop, geht über rustikale Ausflüge in den Garagenrock zurück zum Funk und zur – Schluck! – Fusion. Ja, Fusion, die spielt auf dem neuen Album der Band eine gewichtige Rolle. Das Werk heißt #KingButch, und wenn ein gut abgehangener Speck aus der Rauchkuchl von Virginia einen Sound haben könnte, dieser böte sich an.

Dabei ist der erwähnte Jazz-Stil durchaus problematisch. Entstanden in den späten 1960er-Jahren, wurde er in den 1970ern oft gar stromlinienförmig und uferte vielfingerig ins Längliche aus: Virtuosität und Onanie – enge Nachbarn. Ausgerechnet dieses Problemfach zählt zu den Lieblingen dieser Metzger. Diese Neigung verleiht den Titeln, viele sind Instrumentalstücke, zwar ihre Eleganz, sie wiederholen aber nicht die Eskapaden der 1970er: Butcher Brown machen nach vier Minuten Schluss.

Butcher Brown

Das andere Standbein der seit sieben, acht Jahren bestehenden und veröffentlichenden Band ist Hip-Hop; vor allem dessen Ansatz, aus der eigenen Kultur durch unerhörte Kreuzungen Neues zutage zu fördern. Da spielte in der goldenen Ära des Fachs, in den 1990ern, der Jazz bald eine wesentliche Rolle. Irgendwann wirkte der Funky Drummer von James Brown als allgegenwärtiges Rhythmus-Sample zu abgegriffen, und der Jazz bot als Fundgrube für Klangfitzel und zur Inspiration eines grundsätzlichen Gefühls ein schier unendliches Zehrgebiet.

In den Straßen von San Francisco

Formationen wie Digable Planets, A Tribe Called Quest oder Pete Rock & CL Smooth verwendeten viel Zeit darauf, aus den Tiefen des Jazz-Universums Soundpartikel und Vibes für ihre Alben zu destillieren, die heute zu den epochemachenden Werken zählen.

Butcher Brown hingegen arbeiten als echte Band und bedürfen keiner fremden Vorarbeit. Songs wie Cabbage DFC beschwören Soundtracks, wie man sie aus den 1970ern zu Verfolgungsfahrten in den Straßen von San Francisco und der gleichnamigen TV-Serie kennt.

So würde das live klingen: "Cabbage DFC".
Butcher Brown

Das Titelstück dagegen ist ein fauler, gut abgehangener Rap-Song, der sich seiner Lässigkeit bewusst ist, ohne deshalb eine dicke Hose zu bekommen. Ein Titel wie Broad Rock löst den Namen des Intros ein, mit dem das Album beginnt: eine Miniatur namens Fonkadelica.

Könnertum

Doch erst drei Songs weiter wird dem Funk entsprechend gehuldigt, wiederum dominiert eine lässige Gelassenheit, jene Attitüde, die Neo-Jazz-Star Kamasi Washington dazu veranlasste, die Band als Support-Act einzuladen.

Gum in My Mouth ist wieder ein Rap-Song, der das Könnertum durch etwas Straßenstimmung unterbricht. Insgesamt ergibt das eine sehr lässige Arbeit, die man gerne live umgesetzt erleben würde. Wie sagt der Hip-Hop? "Keep hope alive." (Karl Fluch, 14.10.2020)