Dominik Nepp hat das Vertrauen seiner Wiener Partei.

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2015 wollte Heinz-Christian Strache Bürgermeister werden, 2020 will er ein Medium gründen.

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Bei keiner anderen Partei, die in den Wiener Gemeinderat einziehen wird, gibt es so viele Wunden zu lecken wie bei der FPÖ. Die Freiheitlichen sind von der zweitstärksten Kraft zu einer Kleinpartei geschrumpft. Entgegen anderslautenden Medienberichte bekräftigten am Dienstagabend trotzdem alle Mitglieder des Wiener Landesparteivorstands, hinter ihrem Obmann Dominik Nepp zu stehen, hieß es in der Aussendung. Nepp sei in der Sitzung einstimmig das Vertrauen ausgesprochen worden.

Vertrauen zurückgewinnen

Das Wahlergebnis nehme die Partei "mit großem Respekt vor dem Wähler" zur Kenntnis, sie will das Vertrauen zurückgewinnen. Laut der Aussendung wird Nepp in struktureller und inhaltlicher Hinsicht alle notwendigen Optimierungen dafür vornehmen. "Diesbezüglich wurde eine breit aufgestellte Reformgruppe eingesetzt, welche in den einzelnen Bereichen die Wiener FPÖ in eine gute Zukunft führen wird, die auch dem Anspruch einer modernen, heimatverbundenen Wien-Partei gerecht wird."

Zuvor hatte die mächtige FPÖ Oberösterreich klare Worte gen Wien gerichtet: Über den Bundesparteivorsitz gebe es nichts zu diskutieren, denn die Verantwortung sei in erster Linie in Wien zu übernehmen, sagte Landeschef Manfred Haimbuchner. Dort werde man sich "neu aufstellen müssen". Auch der Tiroler FPÖ-Chef Markus Abwerzger meinte, die FPÖ habe sich in Wien "selbst geschlagen", und forderte eine inhaltlich breitere Aufstellung.

Die Wiener FPÖ wird jedenfalls auch drastische Verluste auf finanzieller und auf Mandatsebene schultern müssen. Von den knapp 300 Bezirksräten, die sie derzeit hält, wird sie vermutlich nur um die 80 behalten.

FPÖ will abwarten

Von offizieller Seite wollte man zu Mandatsaufteilungen am Dienstagabend nicht Stellung nehmen: Man warte das Endergebnis zuerst ab, sagt ein Sprecher zum STANDARD. "Zum Herumrechnen" habe man aufgehört, da sich "stündlich etwas ändert". Laut vorläufigem Endergebnis blieben acht Mandate auf Gemeinderatsebene übrig, nach der Wahl 2015 waren es 34. Dazu, wer schlussendlich in den Gemeinderat einziehen wird, will sich die Partei noch nicht äußern. Auf Basis der bisherigen Ergebnisse dürfte die FPÖ zudem alleine auf Gemeindeebene drei Viertel ihrer Parteienförderung verlieren, das waren zuletzt 8,9 Millionen Euro.

Vor der Landesparteivorstandstagung hatte der baldige Ex-Bezirksvorsteher von Simmering, Paul Stadler, eine inhaltliche Neuaufstellung gefordert. So müsse die Partei endlich verstehen, dass "das Ausländerthema" nicht mehr ziehe. An Spekulationen über Neubesetzungen wollte er sich nicht beteiligen – außer in Bezug auf seine eigene: Ein einfaches Bezirksratsmandat in Simmering würde er nicht annehmen, den Rückschritt wolle er nicht machen. Doch: "Ich bin interessiert, der FPÖ zu helfen, sich wieder aufzubauen", sagt er dem STANDARD. Etwa indem er eine Funktion auf Landesebene übernehme.

Strache zieht es in Medienbranche

Heinz-Christian Strache will indes kein Bezirkspolitiker werden. Aber freilich bleibe er "ein politischer Mensch", sagt er. Auch die künftigen Bezirksräte des Teams HC Strache wolle er weiterhin unterstützen.

Er selbst aber bevorzugt die Privatwirtschaft, wie DER STANDARD am Dienstag erfuhr und Strache persönlich dem Magazin News bestätigte. Konkret will er ein Medium gründen. Besonders brisant: Auf Nachfrage war der Generalsekretär des Teams HC überrascht von der Ankündigung des Parteichefs. Eigentlich habe man die Angelegenheit erst am Abend bei der Vorstandssitzung diskutieren wollen – auch wenn schon angeklungen sei, dass Strache kein Bezirksrat werden wolle. Eine Auflösung des Teams steht laut Höbart aber "nicht im Raum".

Dass Strache sich vollkommen aus der Politik zurückzieht, ist dennoch unwahrscheinlich. "Keine Frage, er wird wiederkommen", ist etwa Harald Fischl überzeugt. Der ehemalige FPÖ-Politiker und nunmehrige Unternehmer – er produziert aktuell Schutzmasken – gilt als einer der engsten Freunde Straches. Im Gespräch mit dem STANDARD beschreibt Fischl Strache als einen "hochpolitischen Menschen, der mit Sicherheit nicht von der politischen Bühne verschwinden wird". Strache verfüge nach wie vor über "genug Kontakte und Freunde".

Onlinemedium mit Freunden

Es werde für den Anfang eine Onlineplattform geben, die der Ex-Vizekanzler mit Freunden bespielen werde, sagt Fischl – quasi ein Gegenstück zum Onlinemedium Zackzack von Peter Pilz. Strache könne mit dieser Onlineoption weiter mit FPÖ-Sympathisanten kommunizieren, die sich auf seine Seite geschlagen hätten, und weiter seine Politideen verbreiten. Natürlich hingen die juristischen Verfahren in den Causen Ibiza und Spesenskandal wie ein Damoklesschwert über ihm, "aber da muss er durch. Und mal schauen, was am Ende übrig bleibt", sagt Fischl.

Der Strache-Vertraute hatte zuletzt als "Vermittler" versucht, Strache und die FPÖ-Spitze wieder zusammenzubringen. Aber, so Fischl: "Die Parteispitze hat die ganze Spendengeschichte ja noch angeschoben, damit sie ihn vor der Wien-Wahl fertigmachen. Aber das ist auch für die FPÖ nicht aufgegangen." (Vanessa Gaigg, Walter Müller, Gabriele Scherndl, 13.10.2020)