Q-Anhänger bei einer Demonstration in Wien.

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Gegen Impfzwang: Versammlung in Graz.

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Renate H. vom Verein "Retten wir Österreich" bei einer Demonstration in Graz.

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Ein "Querdenker" bei einer Demo in Wien.

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Wien – Die Dreharbeiten waren nicht immer ganz harmonisch. Für die neue "Schauplatz"-Reportage (Donnerstag, 21.05 Uhr, ORF 2) war Reporterin Nora Zoglauer auf Demos gegen die Corona-Maßnahmen unterwegs und hat mit Impfgegnern, Esoterikern und Rechtsextremen gesprochen.

Viele der Teilnehmer glauben an die große Weltverschwörung, warnen vor 5G, einem globalen faschistischen System oder dem Chip, der bei einer Impfung implementiert werden soll. Und viele von ihnen schimpfen auf die "Mainstream-Medien", die die Wahrheit verschweigen und Informationen zurückhalten würden. Angegriffen wird auch der ORF, "weil wir als ORF-Journalisten als Angehörige der 'Lügenpresse' unter Generalverdacht stehen", wie Peter Resetarits in der Anmoderation sagt. Von Demonstranten wird der ORF als "Mittäter" bezeichnet.

Zuhören und einordnen

"Ich habe den Menschen zugehört und sie ausreden lassen. Wir beim 'Schauplatz' versuchen alle, die in unseren Reportagen vorkommen, ernst zu nehmen – was gerade im Bereich der Verschwörungsmythen oft nicht einfach ist", sagt Nora Zoglauer dem STANDARD. "Wir haben die Mythen aber von Expertinnen und Experten einordnen lassen. Viele der Verschwörungsmythen sind relativ einfach zu entkräften. Und natürlich wollten wir uns nicht dem Vorwurf aussetzen, dass wir Fake-News verbreiten."

In der Reportage spricht sie unter anderem mit Andre Wolf, er ist Faktenchecker bei Mimikama. Dass QAnon mittlerweile auch in Österreich ein Thema ist, führt er auf ein Video des deutschen Sängers Xavier Naidoo zurück. QAnon-Anhänger behaupten, dass ein Netzwerk aus satanistischen Pädophilen Kinder verschleppt, um aus ihrem Blut eine Art Verjüngungsmittel zu gewinnen, und US-Präsident Donald Trump versuche, diese Kinder zu befreien.

Immer wieder nach der Quelle fragen

Menschen, die an Verschwörungsideologien glauben, könne man meist nicht vom Gegenteil überzeugen, so Zoglauer. Es sei auch ganz schwierig, mit ihnen zu diskutieren. "Es gilt immer abzuklären, ob der Mensch fanatisch an diese Ideologie glaubt. Dann macht es oft keinen Sinn, diese Ideologie zu kritisieren oder sich darüber lustig zu machen. Das Einzige, was man machen kann, ist, immer wieder nachzufragen, woher das Wissen stammt. Welche Quelle herangezogen wurde et cetera. Gerade im Verschwörungsbereich sind es immer wieder die gleichen Influencer, die irgendeine Unwahrheit gezielt streuen."

Zu Wort kommt auch die ehemalige Lehrerin Erika S. Sie ist überzeugt: "Mainstream-Medien sind Teil einer Agenda, einer dunklen Macht, die möchte, dass die Menschen kontrolliert werden." Erika S. sieht die momentane Zeit als Schnittstelle zwischen Gut und Böse, ihr Wissen und ihre Überzeugung holt sie sich von den "alternativen Medien", dort gilt Donald Trump oft als Retter der Welt. Trump habe die Dinge eingehalten, die er versprochen habe, sagt auch Erika S.

Kontrolle und Kontrollverlust

Unter den Demo-Besuchern sind Verschwörungsgläubige, Rechtsradikale, Reichsbürger, Esoterikerinnen, aber auch Linke. Zoglauer: "In Zeiten von Unsicherheit blühen Verschwörungsmythen. Verschwörungsgläubige kann man nicht in einen Topf werfen. Viele haben Zukunftsangst und ein starkes Gefühl von Kontrollverlust. Und Verschwörungsmythen geben diesen Ängsten ein Gesicht. Sie erzählen oft eine einfache Geschichte. Und allein dieses Wissen, ich weiß jetzt, was dahintersteckt, gibt die Kontrolle zurück. Aber häufig werden diese Demos von Rechtsextremen unterlaufen, die eigene Ziele verfolgen und die Zeit der Unsicherheit nutzen, um ihre extremen Positionen als volksnah zu verkaufen." (ae, 15.10.2020)