Auch für Investoren ist die Wahl zwischen Präsident Trump und Herausforderer Biden – zu sehen das erste TV-Duell auf einem großformatigen Bildschirm – ziemlich bedeutsam.
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Abgerechnet wird bekanntlich am Ende, in diesem Fall am Dienstag, den 3. November. An diesem Tag werden sich die US-Bürger für ihren nächsten Präsidenten entscheiden – ob der republikanische Amtsinhaber Donald Trump oder der demokratische Herausforderer Joe Biden gewinnen wird, ist noch offen. Ziemlich klar zeichnet sich schon eines ab: Trumps Präsidentschaft war für die Wall Street ertragreich. Der S&P-500-Index erzielte seit Trumps Amtsantritt 55 Prozent Kursgewinn.

Karten neu gemischt

Aber nun werden die Karten neu gemischt, wobei die Kandidaten auf wirtschaftspolitische Fragen unterschiedliche Antworten parat haben. Eine Einschätzung des US-Vermögensverwalters T. Rowe Price:

·Steuern Bei den Unternehmenssteuern gilt eine nochmalige Absenkung durch Trump in einer zweiten Amtszeit als möglich. Biden hingegen will die Steuern für Unternehmen wieder anheben – jedoch nicht auf das Niveau vor der Steuerreform 2017 –, um Wachstumsinitiativen zu finanzieren. Praktische Einschränkung: Zur Umsetzung würden die Demokraten wohl eine Mehrheit im Senat benötigen. Allerdings hätte eine Steuererhöhung einen dämpfenden Effekt auf die Unternehmensgewinne.

·Staatsausgaben Unabhängig davon, welcher Kandidat das Rennen machen wird, werden die Staatsausgaben und das Budgetdefizit hoch bleiben, da beide die Wirtschaft mit fiskalischen Stimuli stützen werden. Konkreter wird dabei Biden: Er will staatliche Mittel für Forschung, Bildung, Gesundheitswesen und Kinderbetreuung ausgeben. Finanziell trudelnde Gemeinden will er auch unterstützen, während sich Trump dagegen ausgesprochen hat.

·Außenhandel Trump würde als Wahlsieger seine bisherige Politik von Strafzöllen zum Abbau des Handelsdefizits fortführen – im Gegensatz zu Biden, der dieses Ziel kaum verfolgt. Vor allem Strafzölle gegen die EU oder Kanada erscheinen unter Biden sehr unwahrscheinlich. Die Spannungen mit China würden aber wahrscheinlich auch bei einem Sieg des Herausforderers weiterbestehen, vor allem wenn es um kritische Technologien und den Schutz geistigen Eigentums geht.

·Regulierung Hier prallen die Gegensätze aufeinander: In den Bereichen Umwelt und Energie sowie Finanzen würde Trump wohl weiter deregulieren, während Biden in beiden Bereichen die Zügel wohl wieder stärker anziehen würde.

Und welcher Wahlsieger würde die weitere Kursentwicklung begünstigen? "Die Börsen werden die Republikaner aufgrund deren eher liberaleren wirtschaftlichen Sichtweise eher bevorzugen", sagt Christian Nemeth, Vorstand der Zürcher Kantonalbank in Österreich. "Wenn es zu einem Wechsel in Richtung Demokraten kommt, ist das für die Wirtschaft nicht positiv." Allerdings unterscheiden sich ihm zufolge die Programme der Kandidaten nicht massiv, "verheerend" für das US-Wachstum und die Wall Street sei auch ein Präsident Biden nicht.

Eine Schwächephase der Börsen erwartet Nemeth jedoch, sollte nach der Wahl kein klarer Sieger feststehen oder Trump eine Niederlage nicht akzeptieren. Allerdings gilt auch dann folgende Weisheit: Politische Börsen haben kurze Beine. Soll heißen, dass auf Dauer die wirtschaftliche Entwicklung über Wohl und Wehe an den Börsen bestimmt. (Alexander Hahn, 15.10.2020)