Schulter an Schulter auf dem Lift wird es heuer nicht spielen. Corona hält die Skigebiete weiter in Atem.

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Der Blick in die nahende Wintersaison in Österreich ist einer in die Glaskugel. Noch nie war Planung schwieriger. Ob Skiindustrie oder Sporthandel, Beherbergungsbetriebe oder Seilbahnen: Von tiefer Krise bis leichter Erholung ist alles möglich. Klar ist nur: Wer sich heuer auf einen Skiurlaub einlässt, wird auf den Pisten viel Platz vorfinden. Und sich an Coronaregeln halten müssen: Das Maskentragen in der Gondel zählt da ebenso dazu wie der gesunde Abstand vor derselben.

Wer sich Skier ausleiht, wird diese oft nur nach Terminvergabe über ein Zeitfenster gestellt bekommen. Auch wenn das bedeuten kann, sich eine Stunde später als geplant in die Sportmontur zu werfen. In Hütten gegessen und getrunken wird wohl nur mehr im Sitzen. Feucht-fröhliches Après-Ski ist tabu.

Angst vor Gedränge

Bilder von Getümmel vor Kassen, Sesselliften oder Restaurantbuffets sind Gift für den Tourismus. Strengere Restriktionen wären die Folge, die den Österreichern die Lust auf Urlaub vollends vergällen könnten.

Dabei sind sie angesichts drohender Reisewarnungen und geschlossener Grenzen die Stütze, an die sich die ganze Branche klammert. Diese wird diesen Winter weitgehend ohne Touristen aus Holland, Großbritannien, Skandinavien, Tschechien, Ungarn oder Russland auskommen müssen. Die Angst wächst, dass sich auch viele Deutsche rar machen.

Bisher sind in Bundesländern wie Salzburg nur ein Drittel der Tourismusbetriebe für die Saison gebucht. Viele Österreicher werden sich für Skiurlaub erst kurzfristig entscheiden. Und so sehr auch die Aussicht auf freie Pisten lockt – die Lücke, die fehlende internationale Gäste reißen, werden sie nicht füllen. Hinter den Kulissen ist daher die Rede von kleineren Skigebieten, die gar nicht erst aufsperren wollen.

"Kann nur besser werden"

Thorsten Schmitz übt sich angesichts der unzähligen Unabwägbarkeiten und Risikofaktoren in Zweckoptimismus. Für einen guten Winter brauche es in erster Linie einmal guten Schnee. Und einen aus diesem Grund schlechteren Winter als ihn das Vorjahr brachte, könne es für den Handel eigentlich gar nicht mehr geben, meint der Chef von Österreichs größter Sporthandelsgruppe Intersport. "Es kann also nur noch besser werden."

Intersport habe für den Winter flexible Mengen geordert, ein Minus von bis zu 25 Prozent im Verkauf lasse sich abfedern. Im Verleih rechnet Schmitz quer durchs Sortiment mit Rückgängen von zehn bis 15 Prozent. Eine Einschätzung, die andere Händler nicht teilen: Der Einbruch werde sicher weit stärker sein, da der Skiverleih zu gut 90 Prozent von ausländischen Touristen genutzt werde.

Allein durch den Winter

Auf der sicheren Seite bewegt sich Schmitz, was die Sommersaison anbelangt. Intersport legte im bis Ende September laufenden Geschäftsjahr auf bestehender Fläche um fast neun Prozent an Umsatz zu. Damit sei der Verlust aus dem Lockdown zur Gänze aufgeholt worden. Der Ausstieg des Salzburger Händlers Bründl aus dem Verbund wurde gut zur Hälfte wettgemacht.

Waren es im Sommer Bergsteiger und Radfahrer, die den Sporthandel aus dem Tiefschlaf holten, sollen es im Winter Tourengeher, Langläufer und Schneeschuhwanderer sein, die den Markt beleben. Für alle drei lässt sich der Kontakt zu anderen Sportlern bis auf Null reduzieren.

Auch Harald Sauer, Chef und Eigentümer von Nora Pure Sports, einem der größten Wiener Sportartikelhändler, zeigt sich furchtlos, zumal er mit einem Ost-West-Gefälle rechnet. In Mitleidenschaft gezogen würden heuer vor allem große bekannte Skigebiete. Sauer vergleicht den drohenden Einbruch mit jenem der Wiener Hotellerie. Wobei man die Kirche im Dorf lassen müsse: Viele hätten dank boomender Vorjahre einen guten finanziellen Polster. In Wien rechnet er mit keinen wesentlichen Einbußen. "Die Leute wollen ja weiter raus in die Natur."

Rabattschlachten

Dass der Handel insgesamt auf der Bremse steht, zeigen Order bei Lieferanten. Diese haben sich heuer um bis zu 50 Prozent reduziert. Da etliche Lager aus dem Frühjahr noch nicht geräumt sind, zeichnen sich bald heftige Rabattschlachten ab.

"Ich würde mir als Händler heuer keine Planung zutrauen", sagt Gernot Kellermayr, Präsident des Verbands der Sportartikelerzeuger. Er hält Rückgänge von 20 bis 30 Prozent für realistisch und bemüht sich, alle Akteure der Branche an einen Tisch zu holen. Diese wollen der Bundesregierung ein Paket an Vorschlägen zur Rettung des Wintertourismus vorlegen. "Wir brauchen einen Schulterschluss." (Verena Kainrath, 15.10.2020)