Google ist sehr schnell mit Updates für seine Geräte. Viel schneller als alle anderen Hersteller, um genau zu sein. Aber die Support-Länge ist einfach nicht mehr zeitgemäß.

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Das Pixel 2 hat sich gut gehalten: Drei Jahre nach der offiziellen Vorstellung fühlt sich Googles einstiges Spitzenmodell nicht nur weiterhin äußerst flott an, es hat auch eine Kamera, die in Fragen Bildqualität weiter mit den besten Geräten mithalten kann. Und falls der Akku nicht mehr so recht mitspielt, kann er recht einfach ausgetauscht werden. Umso unerfreulicher ist, was Google vor kurzem bestätigt hat: Der Software-Support für das Pixel 2 hat sein Ende erreicht. Im Dezember gibt es noch einmal eine letzte Aktualisierung – das war es dann aber auch schon.

Bekommen, was versprochen wurde

Eine wirkliche Überraschung ist diese Ankündigung natürlich nicht. Immerhin hält sich Google damit an das eigene Supportversprechen: Drei Jahre an Softwareaktualisierungen hat das Unternehmen für das Pixel 2 versprochen, und daran hält man sich nun recht eng – mit einem kleinen Aufschlag von zwei Monaten. Im Vergleich zu vielen anderen Android-Herstellern mag dies auch weiterhin ein sehr guter Wert sein. Das ändert aber nichts daran, dass es eigentlich ein schlechter Witz ist, wenn der Support für solche noch immer so gut laufenden Geräte eingestellt wird.

Unerfreuliche Situation

Immerhin sehen sich die Besitzer eines Pixel 2 damit nun vor einer schweren Entscheidung. Entweder sie investieren wieder mehrere hundert Euro, um sich ein neues Smartphone zu kaufen, oder sie müssen in Kauf nehmen, dass die Software auf ihrem Gerät fortan von Monat zu Monat immer unsicherer wird.

Um hier nicht falsch verstanden zu werden: Natürlich heißt das nicht, dass die betroffenen Nutzer in Panik verfallen müssen. Android bietet jede Menge zusätzliche Schutzschichten. Viele der vorinstallierten Apps werden über den Play Store noch jahrelang aktualisiert werden, auch bei wichtigen Infrastrukturdiensten wie den Play Services ist für das Pixel 2 noch lange kein Ende in Sicht. Und natürlich gibt es mit Google Play Protect auch einen Service, der vor der Installation von Schadsoftware schützen soll.

Mainline

Beim Pixel 2 kommt sogar noch ein weiterer Faktor hinzu, schickt doch Google damit erstmals ein Gerät in Pension, das bereit vom "Project Mainline" (auch "Google Play System Updates" genannt) profitiert. Das heißt, dass gewisse Systemdienste weiter von Google direkt über den Play Store aktuell gehalten werden. Darunter finden sich aus einer Sicherheitsperspektive so wichtige Services wie das Medien-Framework oder die zugehörigen Codecs. Wie lange Google das tut, ist dabei zwar noch unklar, aber trotzdem: ein Fortschritt. All das ändert aber nichts daran, dass andere Teile der Software infolge des Supportendes nun nach und nach weitere Sicherheitslücken ansammeln werden.

Eine an dieser Stelle gerne genannte Alternative ist, Community-Firmware von Projekten wie Lineage OS zu installieren. Und tatsächlich geht das auf dem Pixel 2 dank des leicht entsperrbaren Bootloaders sehr einfach. An der Sicherheitslage ändert das aber nur begrenzt etwas. Zwar bekommt man dann weiter Aktualisierungen vieler Android-Komponenten, aber eben nicht für alle. Die proprietären Treiber und die Firmware für Grafik, WLAN, Bluetooth und Co sind es, die lediglich Geräte- und Chiphersteller gemeinsam für ein Gerät aktualisieren können. Und wie gerade die Erfahrung der vergangenen Monate zeigt, sind diese aus einer Sicherheitsperspektive die – mit Abstand – problematischsten Komponenten.

Wertverfall

Aber Sicherheit ist nicht der einzige relevante Faktor. Es gibt auch noch andere Gründe, warum drei Jahre Support ein Problem sind. Da wäre mal der monetäre. Vereinfacht gesprochen: Je kürzer der Support-Zeitraum ist, desto niedriger auch der Wiederverkaufswert. Damit wird ein Android-Smartphone aber indirekt auch teurer, was gerade im Vergleich zu Apples iPhones ein durchaus relevanter Faktor ist. Das ist auch einer der Gründe dafür, warum das Argument, dass sich die Nutzer ohnehin alle ein bis zwei Jahre ein neues Smartphone kaufen, ein schlechtes ist.

Vor allem aber: Will man überhaupt so kurze Behaltezyklen? Klar, jeder Smartphone-Hersteller hätte am liebsten, dass sich alle jedes Jahr ihr neues Topgerät kaufen. Immerhin macht man damit jede Menge Geld. Aus einer Umweltperspektive ist das aber eine regelrechte Horrorvision. Der Ressourcenverbrauch der Branche ist schon so schlimm genug. Da mutet es geradezu zynisch an, wenn Google sich beim aktuellen Pixel 5 damit brüstet, dass dessen Gehäuse aus 100 Prozent recyceltem Aluminium ist. So begrüßenswert das natürlich ist, wenn Google wirklich etwas für den Umweltschutz tun will, sollte man besser das eigene Update-Versprechen ausdehnen. Das hätte wesentlich größere Auswirkungen.

Die Konkurrenz

Dass es auch anders geht, zeigt Konkurrent Apple: Dieser liefert für seine iPhones schon länger vier bis fünf große Updates. Klar: Die Situation unter Android ist schwieriger. Während Apple sowohl Hard- als auch Software ganz in eigener Hand hat, gibt es rund um Googles Betriebssystem eine breite Palette unterschiedlicher Gerätehersteller und Chipproduzenten, die alle irgendwie zusammenarbeiten müssen. Aber ganz ehrlich: Normalen Nutzern kann all das herzlich egal sein. Googles Aufgabe ist es nicht, Erklärungen zu finden – sondern Lösungen.

Tatsächlich hat man in technischer Hinsicht in den vergangenen Jahren massive Fortschritte gemacht. Von Project Treble, das die Open-Source-Android-Komponenten sauber von den proprietären Bestandteilen getrennt hat, über das schon erwähnte Project Mainline bis zur bald folgenden Möglichkeit, den Linux Kernel separat zu aktualisieren – und noch dazu geräteübergreifend zu verwenden. All das ändert aber eben nichts daran, dass sich bisher nichts am Support-Versprechen von Google geändert hat – und das, obwohl längerer Support eines der erklärten Ziele all dieser Initiativen war. Auch das aktuelle Pixel 5 garantiert wieder nur drei Jahre an großen und kleinen Updates.

Samsung überholt Google (ein bisschen)

Genau genommen gibt es mittlerweile sogar schon einen anderen Android-Hersteller, der mehr bietet als Google: Samsung liefert nicht nur drei große Versionssprünge, sondern auch vier Jahre lang Sicherheitsaktualisierungen. Zugegeben kommen diese am Schluss nur mehr vierteljährlich, und bei großen Versionssprüngen lässt sich Samsung ziemlich Zeit. Trotzdem: Aus einer Sicherheitsperspektive ist das ein nicht zu unterschätzendes Jahr mehr.

Druck aufbauen

Nun könnte man natürlich sagen: Google ist Google, und so wichtig ist die Pixel-Serie auch wieder nicht. Und von den Verkaufszahlen her mag das auch richtig sein. Doch dem Softwarehersteller kommt nun einmal auch eine wichtige Vorbildrolle in der Android-Welt zu. Entsprechend wichtig wäre es, wenn Google den Support für seine eigenen Gerät endlich ausweitet. Und zwar mindestens auf fünf Jahre, besser noch auf sieben, zumindest was Sicherheitsaktualisierungen anbelangt. Dies würde den Druck auf andere Hersteller deutlich erhöhen, und darum geht es nicht zuletzt.

Ausblick

Bleibt abzuwarten, ob diese – seit Jahren vergeblich gehegte – Hoffnung wenigstens in naher Zukunft einmal Realität wird. Denn spätestens kommendes Jahre dürften Google dann die Ausreden ausgehen – ist doch zu hören, dass das Unternehmen an einem eigenen Prozessor für das nächstjährige Pixel-Smartphone arbeitet. Und damit hätte man auch einen wichtigen Teil der Treiber in eigener Hand. (Andreas Proschofsky, 8.11.2020)