Ab Mittwoch geht es um die Gehälter von 420.000 Angestellten im Handel.

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Wien – Es wird eine Wanderung auf schmalem Grat. Viele Angestellte im Handel gingen im Zuge des Lockdowns an ihre Belastungsgrenze. Ihnen gebührt Wertschätzung. Zugleich sind unzählige Händler seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie schwer in der Bredouille. Zusätzliche Kosten könnten sie die Existenz kosten. Was also ist beiden Seiten zumutbar?

Mitte kommender Woche starten die Gehaltsverhandlungen im Handel. Es geht um die Einkommen von 420.000 Angestellten und 15.000 Lehrlingen. Und es geht darum, eine Balance zu finden zwischen der Verantwortung für Arbeitsplätze und einer fairen Abgeltung der Mitarbeiter.

Stütze für den Konsum

Wie alle Jahre macht die Gewerkschaft auch heuer ihre Forderungen einige Tage vor dem Auftakt des Kräftemessens publik. Sie besteht zum einen auf einer realen Lohnerhöhung, die zumindest der Höhe der Inflation entsprechen muss. "Der Handel hilft sich damit selbst, denn Handelsangestellte sind auch Konsumenten", sagt Anita Palkovich, Verhandlerin der Arbeitnehmer. Die Ausgaben der privaten Haushalte ließen nach. Es brauche diese Stütze, um die Volkswirtschaft zu stärken.

Zum anderen will die Gewerkschaft eine verpflichtende steuerbefreite Corona-Prämie für Angestellte und Lehrlinge. Wobei wie bei den Metallern zwischen den Betrieben differenziert werden soll. In die Pflicht genommen gehörten jene Unternehmen, die trotz Krise gut verdienten, wie etwa der Lebensmittel- und der Einrichtungshandel.

Prämie bedeutet für Palkovich Geld, über das Mitarbeiter selbst verfügen können. Mit freiwilligen Gutscheinen für den eigenen Konzern sei es nicht getan. "Der Konsum gehört dort gestärkt, wo er Stärkung braucht." Auf die Höhe der Prämie legt sie sich nach außen hin noch nicht fest.

Maskenpausen

Zusätzlich soll die Arbeitsbelastung besser abgegolten und ausgeglichen werden. In Details lassen die Sozialpartner auch hier noch nicht blicken. Auf den Verhandlungstisch könnten aber bezahlte Maskenpausen ebenso kommen wie das Thema der Zuschläge und eine Arbeitszeitverkürzung. "Wir sind hier sehr kreativ", sagt Martin Müllauer, Chefverhandler der Arbeitnehmer.

Er hat drei Verhandlungstage und einen Ersatztermin für die Gespräche mit den Arbeitgebern reserviert. Ob wie bei den Metallern alles bereits nach einer Runde in trockenen Tüchern ist? "Wir freuen uns, wenn wir am ersten Tag große Schritte machen. Aber wir hudeln nicht."

Viele Frauen, viel Teilzeit

Das Einstiegsgehalt in Österreichs Handel liegt bei knapp mehr als 1.700 Euro. Mehr als 63 Prozent der Angestellten sind Frauen, mehr als 57 Prozent unter ihnen arbeiten Teilzeit. Im gesamten Handel liegt die Teilzeitquote bei 38 Prozent. Im Juni war jeder zweite Beschäftigte in Kurzarbeit. Mittlerweile ist diese stark zurückgegangen.

Der Handel selbst kämpft nach wie vor mit massiven Umsatzeinbußen. Der Absatz an Textilien und Schuhen etwa brach im zweiten Quartal um 36 Prozent ein. Im Kfz-Bereich gab es Rückgänge von knapp 13 Prozent. Während der Lebensmittelhandel sein Personal um ein Prozent aufstockte, baute der Modehandel heuer mehr als jeden zehnten Mitarbeiter ab. (Verena Kainrath, 16.10.2020)