In einer Folge der immer wieder sehenswerten Kochshowserie "Kitchen Impossible" wird Tim Mälzer von Konkurrentin Haya Molcho nach Rumänien geschickt. Dort muss er gefüllte Polentabällchen zubereiten – eine Aufgabe, die ihn an den Rand der Verzweiflung bringt.

Ein Rezept für diese Bällchen namens "Bulz" findet sich auch im Kochbuch "Carpatia" von Irina Georgescu, allerdings wohnungstauglicher. Denn die Bällchen werden im Backrohr fertig gegart und nicht wie in Tim Mälzers Fall in der Glut eines Lagerfeuers. Die gab es auch dort nicht, wo Georgescu aufgewachsen ist. Nämlich in einem Wohnblock in Bukarest in der kommunistischen Ära, wo Lebensmittel knapp waren und man sich für Zutaten mehrere Tage hintereinander anstellen musste, um dann womöglich erst recht mit leeren Händen nach Hause zu gehen, wie sie im Vorwort beschreibt. Improvisation und kluge Vorratshaltung waren wichtig, die Regale wurden mit Gläsern gefüllt und der Balkon im Winter zum Trocknen von Würsten genutzt.

Carpatia
Eine kulinarische Reise durch Rumänien Irina Georgescu
ISBN 978-3-7472-0207-4
26,90 Euro
Ars Vivendi

Heute lebt Georgescu in England und hat ihrer Heimatküche ein wunderschönes Buch gewidmet. Die oben erwähnten "Bulz" stammen aus dem Kapitel "Kleine Gerichte, Vorspeisen und Salate" und die in Rumänien beliebte Polenta kommt hier öfter vor. Schon als "Mamaliga" zum Frühstück (s. Rezept unten) sowie als pikanter Polentakuchen namens Alivenci. Daneben gibt es diverse Salate, Bohnendip mit karamellisierten Zwiebeln, einen Frischkäse-Palatschinken-Turm oder panierten Bergkäse.

Saure Suppe

Brot und Streetfood widmet sich der zweite Teil, hier gibt es kleine Käsefladenbrote (Scovergi), Brezel mit Mohn und Salz (Covrigi) oder auch einen ungarischen Baumstriezel namens "Kurtos kalacs". Etwas ganz Besonderes sind Suppen mit säuerlicher Note, Borș oder Ciorbă, die im dritten Kapitel vorgestellt werden. Das Säuerliche kommt entweder von fermentiertem Weizen oder von Essig oder unreifen Sommerfrüchten. Diese Suppen gibt es in vielen Variationen mit Schweinefleisch, Salat, Omelette oder auch Sauerkraut, je nach Jahreszeit. Als Hauptgericht kocht man traditionell gerne Eintöpfe und diese werden häufig mit Obst wie Äpfeln oder Quitten kombiniert. Die wichtigsten Fleischsorten in der rumänischen Küche sind laut Georgescu Huhn und Schwein aber auch Fisch spielt eine Rolle, sowohl Süßwasserfische aus den Karpaten und Salzwasserfische aus dem Schwarzen Meer. Das Nationalgericht in Rumänien sind Sarmale, kleine Kohlrouladen, die mit Faschiertem gefüllt sind und in einer Tomatensauce geschmort werden.

Süßes kommt gerne in Form von Kuchen und Torten auf den Tisch, unter anderem auch die aus der K.-u.-k.-Zeit stammende Dobos-Torte, die laut Autorin sogar in den kommunistischen Kochbüchern abgedruckt war, obwohl fremdländische Rezepte dort sonst umbenannt wurden. Einer der beliebtesten Kuchen ist ein Marmorkuchen. Für den Chec (=Kuchen) wird der Teig nicht wie beim klassischen Marmorkuchen mit Schokoladenteigmasse gemischt sondern ein Teil des Teiges wird mit einem Früchtesirup gemischt. Im Fall von roten Beeren ergibt das dann eine rosa Marmorierung.

Den Abschluss des Buches bilden Rezepte für den Vorrat wie Marmelade, Kompotte und Säfte aus Früchten, aus Gemüse fermentierte Kohlblätter, grüne Tomaten oder gefüllte Paprikaschoten.

Ein wirklich interessantes Buch, das neben der Kulinarik auch Einblick gibt über den rumänischen Alltag in der kommunistischen Zeit. (Petra Eder, 24.10.2020)

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Nachfolgend ein Rezept aus dem Buch:

Mămăligă cu brânză şi smântână
Käse-Polenta mit saurer Sahne und weichem Spiegelei – ein typisch rumänisches Frühstück


Foto: ©Jamie Orlando Smith Photography

Für 4 Personen
300 ml Milch
150 g Maisgrieß
50 g Butter
175 g Blauschimmelkäse, zerbröckelt, oder Cheddarkäse, gerieben, plus etwas mehr zum Servieren
Salz und schwarzer Pfeffer aus der Mühle
4 EL saure Sahne
4 Spiegeleier

Die mămăligă macht satt und glücklich. Ein leckeres, günstiges und unkompliziertes Frühstück. Für dieses Gericht verwendet man einen pikanten, bröckligen Käse namens brânză de burduf. Die Sorte reift meist in Schachteln aus Fichtenrinde und ist außerhalb Rumäniens nur schwer erhältlich. Als Alternative eignen sich ein Blauschimmelkäse wie Gorgonzola oder ein reifer Cheddar.
Milch und 150 ml Wasser in einem Topf bei schwacher Hitze zum Kochen bringen. Auf mittlerer Temperatur den Maisgrieß einrühren. Weitere 10 Minuten umrühren und, falls nötig, mehr heißes Wasser zugießen, bis die Mischung die Konsistenz von festem Porridge hat und langsam vom Löffel fällt. Butter und Käse zufügen und gut unterrühren, bis beides geschmolzen ist. Mit Salz und Pfeffer abschmecken und auf Schüsseln verteilen. Jede Portion mit 1 EL saurer Sahne und 1 Spiegelei krönen. Zum Servieren mit extra Käse bestreuen.