Lern was Gescheites, beginn eine Lehre, sagen die einen. Mach Matura, geh studieren, sagen die anderen. Manch eine hofft, dass das Kind den Familienbetrieb übernimmt, den eigenen unerfüllten Traumberuf oder den gleichen Job einschlägt: Eltern spielen eine große Rolle bei der Bildungs- und Berufswahl ihrer Kinder.

So erwarten sich rund 28 Prozent der Eltern, dass ihr Kind eine Lehre oder mittlere Schule abschließt. 36 Prozent sehen Tochter oder Sohn mit einer Matura als höchstem Bildungsgrad und etwa gleich viele erhoffen sich einen Hochschulabschluss. Das ergab eine aktuelle Studie der Pädagogischen Hochschule Niederösterreich (PH NÖ). Im Auftrag der Arbeiterkammer Niederösterreich und der Volkswirtschaftlichen Gesellschaft Niederösterreich wurde laut Simone Breit, Studienleiterin und Leiterin des Departments Elementarpädagogik der PH NÖ erstmals untersucht, wie Eltern in den Prozess der Bildungs- und Jobwahl eingebunden sind und ihre Rolle darin wahrnehmen. 680 Eltern von Elf- bis 19-Jährigen nahmen teil – überwiegend Mütter.

Bild nicht mehr verfügbar.

Wohin des Weges, mein Kind? Geht es nach den Eltern, sind die Kinder hauptverantwortlich für ihre Bildungs- und Jobwahl. Neun von zehn fühlen sich aber verantwortlich, sie dabei zu begleiten.
Foto: Getty Images

Demnach wollen Eltern ihren Kindern ermöglichen, die Entscheidung in genügend Zeit selbst zu treffen. Rund 95 Prozent sagen, dass das Kind hauptverantwortlich sei, 89 Prozent sehen sich auch selbst in der Verantwortung – sie verspürten oft auch gesellschaftlichen Druck, die richtige Wahl für ihr Kind zu finden, sagt Breit. Laut einem knappen Drittel seien die Lehrerinnen und Lehrer an der Entscheidung beteiligt. Auch Vorbilder seien relevant: etwa Großeltern, Geschwister, Freunde, Vereinsmitglieder oder gar Handwerker, die im Haushalt arbeiteten und erzählten, wie die Ausbildung und der Job ablaufen.

Fehlendes Wissen

Das Berufswissen fördern drei Viertel der Eltern, indem sie über ihren eigenen Job sprechen, Fragen beantworten – die häufigste Begleitmaßnahme. Knapp die Hälfte thematisiert mögliche Schulen und Jobs, und 46 Prozent informieren sich mit dem Kind über weitere Wege, etwa auf Karrieremessen. Überhaupt dürfte das Augenmerk der Eltern darauf liegen, dass die Kinder die eigenen Interessen, Fähigkeiten, Stärken und Schwächen kennen. "Sie fördern so ein realistisches Selbstkonzept", schreiben die Studienautorinnen. Wer wisse, was er will und kann, finde eher heraus, was zu ihm passen würde. Dass die Jugendlichen dabei nicht alleingelassen werden, sieht Breit positiv.

Viele Eltern stehen dabei aber vor Herausforderungen: Sie erleben die Arbeitswelt "zunehmend als komplexer". Es fehle Wissen für die Beratung und Begleitung, und sie wünschten sich "realistische Infos, wie man einen Beruf ergreifen kann". Auf der Wunschliste stehen auch Infos zu Eignungskriterien und Bewerbungsverfahren für Schulen, Firmen, Hochschulen – die Hälfte unterstützt auch beim Bewerbungsprozess. Immerhin fühlen sich 60 Prozent mit der Menge an Orientierungsangeboten überfordert. Geht es nach den Teilnehmern, sollten die Schulen durch den Angebotsdschungel helfen. Gleichzeitig arbeiten nur wenige Eltern mit Lehrern zusammen, 16 Prozent tun das bereits. Jeder zweite Elternteil eines Pflichtschulkindes wünscht sich eine Intensivierung des Austauschs, etwa in Form von Elternabenden.

In der zweiten Studienphase soll deshalb eine Bestandsaufnahme der Angebote gemacht und diese geordnet werden, damit Eltern einen besseren Zugang zu den Informationen erhielten, sagt Studienleiterin Breit. Auch Lücken im Angebot sollen so gefunden und geschlossen werden. Denn wüssten Eltern nicht ausreichend über Chancen und Trends am Arbeitsmarkt Bescheid, liefen sie Gefahr, für ihre Kinder vor allem dominierende, aber auch scheinbar sichere und profitable Berufsfelder im Auge zu haben und Nischen zu übersehen. "Also etwa eine Lehre zur Bürokauffrau nahelegen statt eine zur Mechatronikerin", sagt Breit. (set, 17.10.2020)