Am Montag werden möglicherweise neue Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Neuinfektionen verkündet.

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Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat die Bundesländer für Montag zu einer Videokonferenz eingeladen, um angesichts der steigenden Corona-Infektionen die weitere Vorgangsweise zu besprechen. Kurz: "In ganz Europa verschlechtert sich die Lage, und auch die Zahl der betroffenen Bundesländer in Österreich mit steigenden Neuinfektionen nimmt zu." In der Konferenz sollen die nächsten Schritte besprochen und "die richtigen Maßnahmen im Bund und in den Ländern" gesetzt werden.

Der Kanzler appelliert an die Bevölkerung, soziale Kontakte zu reduzieren. Das bedeute zwar einen Verzicht von uns allen, nur so könnte aber der Anstieg der Infektionszahlen gestoppt werden. "Wir sehen gerade in anderen Ländern Europas, dass ab einem gewissen Ansteckungslevel das Contact-Tracing nicht mehr funktioniert und es zu weiter steigenden Zahlen sowie Lockdown-ähnlichen Zuständen führt. Das wollen wir in Österreich verhindern. Umso mehr brauchen wir nun wieder den Zusammenhalt des Frühjahres, der unser Erfolgsfaktor bei der Abwehr der ersten Welle war."

Disziplin und Solidarität gefordert

Es hänge nun von der Disziplin aller ab, wie es Österreich schafft, die zweite Welle zu bewältigen. Die meisten Neuinfektionen geschehen im privaten Bereich, daher sei das Freizeitverhalten entscheidend. Die wirtschaftliche Entwicklung, die durch Corona massiv bedroht sei, betreffe letztlich alle im Land. Kurz: "Daher braucht es nun im ganzen Land Entschlossenheit, Geschlossenheit und Solidarität."

ÖVP und Grüne sind gerade dabei, sich zusammenzuraufen. Derzeit werde an einem Maßnahmenkatalog gearbeitet, der am Montag offenbar mit den Ländern abgestimmt werden soll. Das seien vor allem auch längerfristige Maßnahmen, die helfen sollen, über den Herbst und Winter zu kommen, heißt es aus Regierungskreisen. Was genau geplant ist, werde gerade diskutiert, sei aber kein großes Geheimnis: Eine Ausweitung der Maskenpflicht im öffentlichen Raum, das werde sinnvollerweise nur Städte und Orte betreffen. Angekündigt hat Gesundheitsminister Rudolf Anschober bereits, dass Visiere nicht mehr als Ersatz für Masken gelten werden. Eine radikale Einschränkung von Veranstaltungen steht ebenso zur Diskussion wie eine Vorverlegung der Sperrstunde und eine flächendeckende Registrierungspflicht in Lokalen. Diskutiert wird jetzt noch über die Dimension der Maßnahmen.

Warten auf Reaktionen

Nach der Sitzung der Ampelkommission am Donnerstag und deren jüngsten Entscheidungen wollten ÖVP und Grüne erst einmal abwarten, ob und wie die Bundesländer auf die neuen Entwicklungen reagieren. Hier offenbaren sich durchaus unterschiedliche Zugänge zwischen Bundeskanzler Kurz und Gesundheitsminister Anschober. Kurz ist der Meinung, die Länder bräuchten striktere Vorgaben – und würden diese auch gerne annehmen. Anschober wiederum setzt auf sein Softie-Image, er will es erst mit Bitten und Loben versuchen, ehe den Länderchefs Maßnahmen aufgezwungen werden. Dass es zwischen Bund und Ländern Auffassungsunterschiede gibt, liegt auf der Hand, bei den Grünen bezeichnet man das als "Familienzwist": In der Regel geraten Kurz und die schwarzen Landeschefs aneinander.

Innerhalb der Koalition gibt es zwar Auffassungsunterschiede über Tempo und Tonalität. Dass Maßnahmen kommen müssen, sei aber allen klar. Anschober meint, dass sich vieles über regionale Maßnahmen bewegen lasse, es sei auch nicht sinnvoll, Regeln, die in der Stadt sinnvoll seien, im ländlichen Raum anzuordnen. Das neue Covid-Gesetz gebe den Ländern die Möglichkeit, selbst Maßnahmen zu setzen, ohne dass der Gesundheitsminister eine Verordnung dazu erlassen muss. Dennoch wächst auch auf grüner Seite die Einsicht, dass einzelne Maßnahmen überregional sinnvoll seien, wie Kurz das forciert. Der Kanzler heißt regionale Maßnahmen gut, ist aber der Meinung, dass es auch bundesweite Maßnahmen braucht. Beide Seiten versichern: Es sei klar, dass etwas passieren muss. Je mehr die Bundesländer jetzt selbst unternehmen, umso weniger müsse ihnen vorgeschrieben werden. Am Montag gibt es einen Versuch, die Maßnahmen im Einvernehmen zu beschließen. (völ, 16.10.2020)