US-Präsident Donald Trump befindet sich gerade auf Wahlkampftour in Staaten, in denen er 2016 gewonnen hatte, die nach Umfragen nun aber an die Demokraten fallen könnten.

Foto: EPA / Kamil Krzaczynski

Washington – Der in die Defensive geratene US-Präsident Donald Trump wirft seinem demokratischen Rivalen Joe Biden vor, die Coronavirus-Pandemie nicht handhaben zu können. "Biden wird das Land stilllegen, die Impfungen verzögern und die Pandemie verlängern", sagte Trump am Samstag bei einer großen Wahlkampfveranstaltung in Muskegon im Bundesstaat Michigan. Obwohl dort die Infektionszahlen ansteigen, hielten seine Anhänger Distanzgebote nicht ein. Einige trugen Masken, andere nicht.

Trump selber sieht sich massiver Kritik an seinem Umgang mit der Pandemie ausgesetzt, worunter auch seine Popularitätswerte gelitten haben. Landesweit hat Biden in Umfragen einen deutlichen Vorsprung vor Trump.

Trump greift demokratische Gouverneurin an

Trump tourt derzeit durch Bundesstaaten, die er bei der Wahl 2016 gewonnen hatte, die nach Umfragen nun aber an die Demokraten fallen könnten. Michigan zählt zu den Staaten, die nach Analysen der Berater des Präsidenten eine Schlüsselrolle bei der Präsidentschaftswahl am 3. November spielen könnten.

Trump griff auch die demokratische Gouverneurin von Michigan, Gretchen Whitmer, an. "Ihr müsst eure Gouverneurin dazu bringen, euren Staat zu öffnen", rief Trump am Samstag (Ortszeit) seinen Anhängern in Muskegon zu und spielte damit auf Corona-Eindämmungsmaßnahmen an. Daraufhin skandierten seine Anhänger: "Sperrt sie ein!" Trumps sagte: "Sperrt sie alle ein."

Vergangene Woche hatten Ermittlungen der Bundespolizei FBI und des Justizministeriums in Michigan zur Festnahme von mehr als einem Dutzend Verdächtigen geführt, die unter anderem die Entführung von Gouverneurin Whitmer und den Sturm auf das Parlament in Lansing geplant haben sollen. "Ich glaube, sie sagten, sie wurde bedroht", sagte Trump, als die Rufe erneut aufbrandeten. "Und sie hat mir die Schuld gegeben!"

Whitmer hatte Trump vorgeworfen, in der Corona-Pandemie Wut angefacht zu haben. Trump hatte im Frühjahr Proteste gegen Whitmers Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus angeheizt und etwa auf Twitter "Befreit Michigan!" geschrieben. Am Samstag meldete sich Whitmer auf Trumps Äußerungen zu Wort. "Das ist genau die Rhetorik, die das Leben von mir, meiner Familie und anderer Regierungsbeamter in Gefahr gebracht hat. Es muss aufhören", schrieb sie auf Twitter.

Trump nutzt Mord in Paris für Botschaft an Wähler

Nächste Station der Wahlkampftour des Amtsinhabers ist der Bundesstaat Wisconsin, den Trump ebenfalls 2016 gewonnen hatte und den er nun zu verlieren droht. Dort griff Trump nicht nur Demokraten an. Er nutzte die mutmaßlich terroristisch motivierte Ermordung eines Lehrers bei Paris für eine Botschaft an seine Wähler. "Einwanderungssicherheit ist nationale Sicherheit", sagte Trump am Samstagabend (Ortszeit) in Janesville im Bundesstaat Wisconsin. "Wir brauchen Grenzen. Eine Nation ohne Grenzen ist keine Nation", sagte er und drückte daraufhin sein "sehr aufrichtiges Beileid" an seinen "Freund" Präsident Emmanuel Macron aus.

In Frankreich habe es erst am Freitag "eine bösartige, bösartige islamische Terror-Attacke" gegeben, sagte Trump vor seinen Anhängern. "Enthauptung. Eine schreckliche Sache." Trump fuhr fort: "Frankreich hat eine schwere Zeit und Macron ist ein großartiger Kerl und ich möchte nur sagen, was immer wir tun können..." Die USA seien hart gegen "islamischen Terror" vorgegangen und hätten zum Beispiel einen Einreisestopp verhängt, sagte Trump.

Der Republikaner ist für seine rigorose Einwanderungspolitik bekannt. Eine Woche nach Beginn seiner Amtszeit 2017 hatte er gezeigt, wie ernst er es mit der Abschottung der USA meinte, und einen Einreisestopp für Flüchtlinge und Menschen aus mehreren muslimisch geprägten Ländern verhängt. Er begründete das damit, radikale islamische Terroristen fernhalten zu wollen.

Proteste gegen Trumps Kandidatin für Supreme Court

Montag soll es für Trump nach Arizona gehen, eigentlich eine Hochburg der Republikaner, die aber nun kippen könnte. Biden, der wegen der Pandemie erst in den vergangenen Wochen sich auf Wahlkampftour begeben hat, blieb am Samstag in seinem Heimstaat Delaware.

Während Trump auf Wahlkampftour ist, haben im ganzen Land Tausende Menschen gegen seine Kandidatin für das höchste US-Gericht, Amy Coney Barrett, protestiert. In Washington liefen am Samstag die Teilnehmer des "Women's March" für Frauen- und Menschenrechte durch die Innenstadt bis zu den Stufen des Supreme Court. Viele Demonstranten sagten, sie seien wütend, weil Trumps Republikaner bereit seien, Barrett kurz vor der Präsidenten-Wahl am 3. November in den Kreis der höchsten US-Richter zu wählen. Dabei hätten die Republikaner Trumps demokratischen Vorgänger Barack Obama sechs Monate vor der Wahl 2016 die Nominierung eines Kandidaten für den Supreme Court mit dem Argument verweigert, sein Nachfolger solle über die Personalie bestimmen.

In den ganzen USA waren Hunderte Märsche und Versammlungen gegen die Kür Barretts zur höchsten Richterin geplant. Barrett, die während ihrer Anhörung konkrete Aussagen zu präsidialen Vollmachten, Abtreibung, Klimawandel und die von Obama eingeführte Gesundheitsversorgung vermieden hat, muss vom Senat bestätigt werden. Dort haben die Republikaner im Gegensatz zum Repräsentantenhaus eine Mehrheit.

Mit einer raschen Bestätigung der Juristin können die Republikaner vermeiden, dass nach einem möglichen Regierungswechsel nach der Präsidentenwahl Barrett gestoppt wird. Nach dem Willen von Trump und den Republikanern soll sie die verstorbene liberale Verfassungsrichterin Ruth Bader Ginsburg ersetzen. Mit ihr wären die konservativen Richter am Supreme Court mit sechs zu drei Stimmen in der Mehrheit, möglicherweise auf Jahrzehnte hinaus. In den USA spielt das höchste Gericht eine wichtige Rolle in den politischen Auseinandersetzungen. (APA, red, 18.10.2020)