Aprés Ski wird den meisten Urlaubern nicht abgehen, meint Experte Peter Zellmann – es bestehe aber die Gefahr, dass gar keine Touristen kommen.

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Der Tourismusforscher Zellmann fordert eine Änderung der Teststrategie in Gastronomie und Freizeitwirtschaft.

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STANDARD: Die Wintertouristiker bangen um ihre heurige Saison. Was ist Ihre Prognose?

Zellmann: Ganz klar – bleibt das Konzept so, kann man sich die heurige Wintersaison abschminken. Es gibt im Winter, anders als im Sommer, keine Ausweichmöglichkeiten. Im Sommer haben die Urlaubshungrigen gesagt: "Gut, wir bleiben in Österreich." Im Winter bleiben diese Leute aber dann überhaupt daheim. Wenn auch die ausländischen Gäste, vor allem die Deutschen, nicht kommen, weil die Corona-Ampel auf Rot geschaltet ist, dann ist die Sache endgültig gelaufen. Die Sache steht und fällt mit der Entwicklung der Zahlen.

STANDARD: Abstand, Masken und kein Après-Ski ist Ihnen offensichtlich deutlich zu wenig.

Zellmann: Die Maßnahmen sind durchaus sinnvoll und wichtig. Wenn auch das Après-Ski-Aus wahrscheinlich 80 Prozent der Skifahrer ohnehin wurscht ist. Was es endlich braucht, ist eine Änderung der Teststrategie. Wir müssen wegkommen von den PCR-Tests, denn da ist – mittlerweile nachweislich – die Diagnose nicht validiert. Es ist ein Riesenfehler, einfach ins Blaue hinein zu testen. Da lasse ich die Seilbahnbetreiber und Hoteliers in einer trügerischen Sicherheit. Fakt ist: Ein positiver Fall ist nicht gleich infiziert, nicht gleich krank – und schon gar nicht schwerkrank.

STANDARD: Was wäre eine Alternative – speziell mit Blick auf den Winter?

Zellmann: Antigen-Schnelltests und einen Fokus auf die Symptomträger.

STANDARD: Wie könnte dies in der Pistenpraxis dann konkret aussehen?

Zellmann: Ganz einfach – Fiebermessen schon beim Check-in. Wer ins Hotel kommt und auch bleiben will, muss gesund sein. Wer an der Rezeption dann 37,5 Grad Körpertemperatur hat, muss heimfahren. Das Personal könnte täglich getestet werden, jedenfalls mit Symptomen nicht zum Dienst kommen.

STANDARD: Aber schreckt das nicht potenzielle Gäste überhaupt ab?

Zellmann: Die Menschen lassen sich Masken verordnen. Da wird doch Fiebermessen kein Problem sein. Und die Gäste haben den Vorteil zu wissen, dass sie in einem fieberfreien Ort Urlaub machen.

STANDARD: Die Zeit drängt, der Winter steht vor der Tür. Glauben Sie noch daran, dass es da tatsächlich zu einem politischen Umdenken kommt?

Zellmann: Ich hoffe es. Man muss auf politischer Seite endlich aufwachen. In Österreich gab es schon immer einen Mangel an positiven politischen Rahmenbedingungen für den Tourismus. Der Anteil am BIP ist ja deutlich höher als die ausgewiesenen 15 Prozent. Die Bedeutung des Tourismus für Österreich ist größer, als die Politiker es sehen. Der eigentliche Anteil des Tourismus am BIP liegt bei der Mittelverwendung bei geschätzt 25 Prozent, wenn man Tourismus und Freizeitwirtschaft zusammenrechnet. Jeder dritte Arbeitsplatz hängt zumindest teilweise vom Tourismus ab. (Markus Rohrhofer, 19.10.2020)