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Wieder einmal verspricht eine Regierung vereinfachte Unternehmensgründungen. Ob dies dem Standort wirklich nützt, ist allerdings fraglich.

Foto: Getty Images / Roy Morsch

Im türkis-grünen Regierungsprogramm ist eine neue Kapitalgesellschaftsform geplant, die für Start-ups eine international wettbewerbsfähige Option bieten soll. Diese "Austrian Limited" soll sich durch unbürokratische Gründung, unter anderem dank digitaler Behördenwege, Transparenz der Gesellschafter und einfache Anteilsübertragung auszeichnen.

Die digitale Gründung wurde allerdings kürzlich durch die EU-Digitalisierungsrichtlinie harmonisiert. In Österreich bestehen dafür sogar zwei verschiedene Modelle. Die Transparenz der Gesellschafter ist bei der GmbH durch das Firmenbuch vollständig.

Eine digitale Übertragung von Geschäftsanteilen wird im Justizministerium bereits erwogen. Bei Aktien ist die Übertragung ohnehin einfach, eine Gesellschaftertransparenz besteht hier nur teilweise und ist im Börsenhandel vollständig gar nicht möglich. Eine digitale Gründung von Aktiengesellschaften (AG) ist derzeit noch zurückgestellt.

Beschleunigungspotenzial

Wenn der digitale Gründungsakt sofort nach Unterzeichnung an das Firmenbuch geht und die Gesellschaft dort innerhalb von fünf bzw zehn Arbeitstagen – je nach Gestaltung – einzutragen ist, wie es die Digitalisierungsrichtlinie vorsieht, fragt man sich, was hier noch beschleunigt werden soll.

In der Regel erfolgen Eintragungen in Österreich ohnehin schneller. Als Beschleunigungspotenzial verbleiben nur die Erstellung des Gesellschaftsvertrages durch die Gründer und Maßnahmen im Hinblick auf die Gewerbeanmeldung, Sozialversicherung, Finanzbehörde. Sie alle können aber nicht durch eine neue Gesellschaftsform beschleunigt werden.

Allerdings sieht das Regierungsprogramm auch eine neue Kapitalgesellschaftsform vor. Über ihre Eigenschaften ist wenig bekannt. Hinter dem Schlagwort "unbürokratische Gründung" kann sich eine Gründung ohne Kontrolle verbergen.

Soll diese durch bloße Transparenz frei gestaltbarer Inhalte ersetzt werden, so ist Vorsicht geboten: Dies wäre gesellschafterfreundlich, aber nachteilig für Außenstehende, seien dies Unternehmer oder Verbraucher. Schäden aus Insolvenz, Geldwäsche, Sozialbetrug etc. werden dann sozialisiert.

Modell mit Abweichungen

Der als mögliches Regelungsvorbild berichtete European Model Company Act (EMCA) ist ein Expertenentwurf für ein Modellgesetz, das auf Basis der EU-Richtlinien besteht, aber zum Teil auch davon abweicht. GmbH und AG (Private und Public Company) werden dort in einem Gesetz geregelt.

Noch nicht klar ist, ob eine Austrian Limited nach EMCA neben GmbH und AG treten oder sie ersetzen sollte. Der Unterschied dürfte aber letztlich gering sein, weil Neugründungen die für sie freundlichere Austrian Limited bevorzugen würden und bestehende Gesellschaften in solche nach EMCA umgewandelt werden könnten.

Manche Inhalte sind zu begrüßen, wie etwa der Verzicht auf Registerveröffentlichungen im Amtsblatt und die Zulassung dematerialisierter Anteile bei Aktien. Manche mögen hingegen gut in andere Rechtsordnungen passen, weichen aber stark von den österreichischen Standards ab.

Geringes Mindestkapital

Bei der Private Company sieht der EMCA kein, bei der Public Company nur ein geringes Mindestkapital vor: 25.000 Euro, davon 6250 Euro bei Gründung einbezahlt. Freilich geht es beim Mindestkapital nicht um Haftkapital für die Gläubiger, dazu müsste es gegen Verwendung gesperrt sein.

Fraglich ist aber, ob Personen ohne Finanzmittel und eigene unternehmerische Erfahrung – denn sonst wäre ja die Einbringung ihres Unternehmens möglich – als haftungsbeschränkte Gründer von Vorteil für eine Volkswirtschaft sind. Hier fehlt die Seriositätsschwelle.

Weniger streiten lässt sich über die Gesellschaftertransparenz: Bei der Private Company würden Inhaberanteile zugelassen, weil dort "die damit verbundene Anonymität geschätzt wird". Für Österreich und Deutschland wäre das ein Novum, von dem abzuraten ist. Und selbst für Namensanteile müsste die Gesellschaft zwar ein Register zur Einsicht für Gesellschafter, Organe und Behörden führen, dem Publikum müsste es aber nicht zugänglich sein.

Das entspräche bei der GmbH dem Rechtszustand von 1906. Vor 30 Jahren wurden die Gesellschafter in das Firmenbuch übergeleitet und bilden dort eine der am häufigsten abgefragten Datenkategorien. Von der im Regierungsprogramm zugesagten Transparenz der Gesellschafter könnte daher bei der Austrian Limited nicht gesprochen werden.

Keine Vorabkontrolle

Zurückgefahren würde auch die Kontrolle durch das Firmenbuchgericht: Die Gründung und weitere Eintragungen könnten de facto als Onlineregistrierung durch die Geschäftsführer oder qualifizierte Personen wie Rechtsanwälte und Notare erfolgen.

Das Gericht könnte Eintragungen nicht mehr vorweg prüfen, seine Funktion wäre "rein administrativ". Die vom Unionsrecht geforderte vorgängige gerichtliche oder notarielle Kontrolle von Gründungen wäre aufgehoben.

Dass die anmeldende Person nach dem EMCA die Rechtmäßigkeit der Eintragung "garantiert", bildet dabei kein Korrektiv. Eine gerichtliche Kontrolle soll nur durch spätere Löschung stattfinden, dies nur auf Antrag einer benachteiligten Person spätestens sechs Monate nach Eintragung. Eine amtswegige Löschung ist offenbar nicht vorgesehen.

Die Abweichungen von den bisherigen Schutzanliegen sind bei der GmbH besonders deutlich. Reformpläne zu einer Austrian Limited im EMCA-Stil könnten und sollten sich daher eher auf die Rechtsform AG beschränken. (Christian Zib, 19.10.2020)