Furzende, rülpsende Kühe, Heizen mit Gas – die größten Sünder, die neben den natürlichen Vorkommen etwa in Sümpfen das klimaschädliche Methan in die Luft blasen, hat die Wissenschaft längst ausgemacht. Geht es nach der EU-Kommission, bleiben die größten Emittenten nicht ungeschoren. Die Behörde hat jüngst ihre Strategie zur Verringerung der Emissionen des farb- und geruchlosen Gases vorgestellt. Aus gutem Grund: Methan trägt nach Kohlendioxid in erheblichem Maße zum Klimawandel bei.

Klimaziele im Blick

Die Bekämpfung sei von entscheidender Bedeutung, um die Klimaziele zu erreichen, betonte EU-Vizepräsident Frans Timmermans vergangene Woche. Energiekommissarin Kadri Simson gab die Richtung vor: "Auch wenn Maßnahmen im Energiesektor, in der Landwirtschaft und in der Abfallwirtschaft eine Rolle spielen werden, können die Emissionen am schnellsten und kostengünstigsten im Energiebereich gesenkt werden."

Das könnte die heimische Gaswirtschaft, darunter etwa die OMV, empfindlich treffen. Denn Methan ist Hauptbestandteil von Erdgas, das in der OMV-Strategie eine wichtige Rolle spielt. "Der schrittweise Ausstieg aus Kohle und Atomstrom im Elektrizitätssektor wird die Nachfrage nach (...) Erdgas im europäischen Markt ankurbeln", bekräftigte OMV-Chef Rainer Seele auf der Hauptversammlung. Die OMV steigere daher kontinuierlich den Anteil an der Produktion. Bei Klimaschützern schrillen die Alarmglocken. Sie habe die Sorge, dass "die OMV jetzt in die falschen Dinge investiert", sagt Jasmin Duregger, Energieexpertin bei Greenpeace: "Erdgas ist und bleibt klimaschädlich." Hinsichtlich der EU-Strategie ist sie skeptisch: "Mal schauen, was wirklich kommt."

Nicht nur durch furzende Kühe gelangt Methan in die Luft. Das Gas wird auch bei dessen Förderung und Verbrennung freigesetzt.
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Eines hat Greenpeace bereits erreicht. Das Umweltministerium beauftragte das Umweltbundesamt mit der Erhebung, wo überall der böse Bruder des C02 entfleucht. Sowohl bei der Förderung als auch beim Transport kann Methan entweichen. Ein lange unterschätztes Problem, sagt die Wissenschafterin Lena Höglund Isaksson, die am International Institute for Applied Systems Analysis in Laxenburg forscht. Produktion und Transport von Öl und Erdgas stünden für rund ein Viertel aller globalen Methanemissionen, in Österreich liege der Anteil bei fünf bis sieben Prozent.

Lecks aufspüren

Jetzt sollen also Lecks im österreichischen Netz ausgemacht werden. Einfach ist das nicht. Methanschlupf ist Teil der diffusen Emissionen – im Gegensatz zu den gefassten Emissionen aus dem Schlot. Gas entschlüpft ständig irgendwo. Nicht nur bei der Förderung, auch wenn man eine Gasflasche anschließt, den Gasherd aufdreht, ein bisschen Schlupf gibt es immer. Dazu kommt die Schwierigkeit, das Methan Erdgas- und Öl zuzuordnen, weil es aus vielen Quellen kommt, sagt Lena Höglund Isaksson.

Erfasst werden diese flüchtigen Methan-Emissionen in der Treibhausgasinventur. Jene aus Öl- und Gassystemen hatten 2018 einen Anteil von 0,3 Prozent (entspricht 9,72 Kilotonnen) an den gesamten hierzulande emittierten Treibhausgasen. Seit 2015 haben sie sich um sieben Prozent reduziert. Die bisher verfügbaren Daten basieren allerdings auf Modellen und Hochrechnungen. Für eine genaue Beurteilung reicht das nicht.

So sieht das das Umweltministerium. Auch die EU-Kommission hält es für prioritär, den Status quo zu verbessern. Um die Methanemissionen im Energiesektor zu verringern, werden eine Verpflichtung zur besseren Erkennung und Reparatur von Leckagen in der Gasinfrastruktur vorgeschlagen sowie Rechtsvorschriften erwogen, mit denen Praktiken wie das routinemäßige Abfackeln und Ablassen von Gasen verboten werden.

Dem Gasschlupf auf der Spur

Der Industrie komme dabei eine wichtige Rolle zu. Wissenschafterin Höglund Isaksson stellt in den Raum, dass es einer lückenlosen Überwachung bedürfe. Das ist allerdings in finanzieller Hinsicht keine Kleinigkeit. Technologien, wie eine Kamera, die Greenpeace eingesetzt hat, um an OMV-Gasförderknotenpunkten "verdächtige Ausströmungen" zu dokumentieren (die heimische Gasindustrie widersprach vehement, Anm.) kosten in der Anschaffung 100.000 Euro. Auch die Beobachtung via Satelliten hat ihren Preis.

Die flüchtigen Methan-Emissionen aus Öl- und Gassystemen sind zurückgegangen. Einerseits durch weniger Produktion von Erdgas, Erdölgas und Erdöl, andererseits durch die Verbesserung der Leitungssysteme bei der Erdgasverteilung (zu den Haushalten) in Österreich. Links liegen lassen kann man sie dennoch nicht.
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Man setze jetzt schon zahlreiche Maßnahmen, um unerwünschte Gasaustritte zu erkennen und zu verhindern, sagte OMV-Vorstand Johann Pleininger bei der HV. Pavle Matijevic, Chef von PM Lucas, einem Serviceprovider für die Öl- und Gasindustrie, bescheinigt dem Energiekonzern redliches Bemühen um einen geringen ökologischen Fußabdruck. Das echte Problem liege ganz woanders – bei den Bohrlöchern – außerhalb Österreichs. Genauere Daten hält aber auch Matijevic für wesentlich – auch für eine "CO2-Steuer".

Ein Thema, mit dem sich nun auch das Umweltbundesamt die nächsten Monate beschäftigten wird. Dann will man die Ergebnisse der Studie vorlegen. Das größte Problem sei allerdings nicht der Methanschlupf, heißt es im Umweltbundesamt und in der Industrie unisono. Während allerdings Ölmann Matijevic auf Entkarbonisierung in der Industrie setzt, pocht man bei Greenpeace und im Umweltbundesamt darauf, dass der Ausstieg aus fossilen Energiesystemen erforderlich sei, um Treibhausgase zu reduzieren. (Regina Bruckner, 19.10.2020)