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Frank Jensen ist im Zuge der aktuellen #MeToo-Debatte in Dänemark zurückgetreten.

Foto: Reuters / RITZAU SCANPIX

Kopenhagen – Der langjährige Bürgermeister von Kopenhagen, Frank Jensen, tritt nach Vorwürfen des Fehlverhaltens gegenüber Frauen mit sofortiger Wirkung von seinem Posten zurück. Auch sein Amt als stellvertretender Vorsitzender der dänischen Sozialdemokraten lege er nieder, sagte der 59-Jährige am Montag auf einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz im Stadtteil Islands Brygge.

Nachdem die #MeToo-Bewegung vor drei Jahren in Dänemark weniger stark gewesen war als etwa in den USA oder in Schweden, ist die Debatte über Machtmissbrauch und sexualisierte Übergriffe nun voll im Gange. Ende August erzählte die Moderatorin Sofie Linde in einer Fernsehgala live, wie ein Vorgesetzter beim Fernsehen ihr vor zwölf Jahren als Gegenleistung für Oralsex eine Beförderung angeboten hatte.

1.600 Frauen unterschrieben daraufhin einen offenen Brief, in dem sie erklärten, in ihrer Karriere ebenfalls Sexismus erlebt zu haben. Ende September haben 322 Frauen einen Beitrag in der Zeitung "Politiken" unterzeichnet, in dem geschildert wurde, dass es in der dänischen Politik zu Sexismus und Machtmissbrauch komme.

"Kultureller Wandel" gefordert

Frank Jensen ist nicht der erste dänische Politiker, der wegen Anschuldigungen im Zuge der Debatte zurücktritt: Auch der Chef der linksliberalen Partei Radikale Venstre, Morten Østergaard, hat vor kurzem seinen Posten geräumt. Zuvor war publik geworden, dass er versucht hatte, die Belästigung einer Parteikollegin zu vertuschen. Jensen war schon früher Fehlverhalten gegenüber Frauen vorgeworfen worden. 2012 soll er eine Parteikollegin begrapscht haben. Eine weitere Frau sagte, dass sie 2017 ebenfalls gegen ihren Willen von Jensen angefasst worden sei. Laut "Jyllands-Posten" gibt es weitere Vorwürfe, die sich von den 1990er-Jahren bis 2019 erstrecken.

"Das ist die richtige Entscheidung", erklärte die sozialdemokratische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen auf Facebook. Sie hatte nach den öffentlichen Protesten von tausenden Frauen zu einem kulturellen Wandel aufgerufen. "Es ist uns nicht gelungen, Arbeitsplätze mit gleichberechtigten Verhältnissen zu schaffen", schrieb sie Ende September. "Wir werden das ändern, und zwar ab sofort."

Gleichzeitig bekräftigte die Sozialdemokratin ihr Vertrauen in ihren Außenminister Jeppe Kofod. Kofod war 2008 als außenpolitischer Sprecher der Partei zurückgetreten, nachdem er Sex mit einer 15-Jährigen bei einer Parteiveranstaltung zugegeben hatte. Dänemarks Mindestalter für sexuelle Handlungen liegt bei 15 Jahren. Der damals 34-Jährige entschuldigte sich für seinen "Mangel an Urteilsvermögen" und die "moralisch unangemessene Beziehung" zu der Jugendlichen. Kofods politische Karriere litt allerdings keinen dauerhaften Schaden. Nach den Wahlen 2019 wurde er zum Außenminister ernannt. (APA, AFP, red, 19.10.2020)