Die gelben Schulbusse gehören endlich wieder zum täglichen Straßenbild in der Stadt. Nach einer sechsmonatigen Pause und zweimaliger – sehr kurzfristiger – Verschiebung des Schulstartes hat für die mehr als 1,1 Millionen Schüler des New Yorker Schulsystems Ende September die Schule wieder begonnen. Seit im März die Schulen von einem Tag auf den anderen geschlossen wurden, konnten Schüler nur Mahlzeiten oder elektronische Geräte in den Schulgebäuden abholen. Jetzt dürfen sie ihre Klassenzimmer wieder betreten, mit Maske und Sicherheitsabstand. In den Schulbussen wird die Zahl der Fahrgäste auf ein Viertel reduziert.

Gillian, eine zweifache Mutter in Manhattan, meint: “Nach sechsmonatiger Schulschließung war es einfach wunderbar, als mein achtjähriger Sohn wieder in die Schule gehen konnte. Ich bin sehr zufrieden, wie die Schule die Situation handhabt. Sie bemühen sich, den Kindern ein Gefühl der Geborgenheit zu geben. Mein Sohn war zunächst sehr nervös. Jetzt ist er einfach glücklich darüber, wieder mit seinen Freunden in einem Klassenzimmer zu sitzen.“

Schulbusse sind wieder in den Strassen New Yorks unterwegs.
Foto: Stella Schuhmacher

Blended learning und strenge Regeln

In den 1.866 öffentlichen Schulen der Stadt wird heuer "Blended Learning" angeboten, eine Mischung aus Teilzeitunterricht und Fernunterricht. Allerdings haben sich rund 50 Prozent der Eltern von vornherein für “remote only” entschieden, für den reinen Digitalunterricht. Viele dieser Schüler leben in den Gegenden, die im April und Mai besonders stark von der Pandemie betroffen waren, stammen aus ärmeren Einkommensschichten. Die Angst vor dem Virus sitzt hier tief. Lehrer können sich entscheiden, von zu Hause aus zu unterrichten, müssen aber eine bestehende Vorerkrankung dokumentieren.

Je nach Schultyp und Schülerzahl werden die Schüler in zwei bis drei Kleinstgruppen oder Kohorten eingeteilt, damit Social Distancing während des Schultages praktiziert werden kann. Sie besuchen zwischen einem und drei Tagen in der Woche den Unterricht in ihren Schulen. Den Rest der Zeit werden die Kinder dann via Computer unterrichtet. Schulkanzler Richard Carranza gelobte, dass "New Yorks Schüler an fünf Tagen in der Woche lernen werden, ob in der Schule oder zu Hause."

Mahlzeiten können in den Schulen abgeholt werden. Fast 800.000 Kinder leben in Armut in NYC.
Foto: Stella Schuhmacher

Für den Schulbesuch gelten strikte Gesundheits- und Sicherheitsvorschriften. Die Schüler verbringen den Schultag in kleiner Gruppe mit den gleichen Personen im selben Raum. Es herrscht während des gesamten Schultages Maskenpflicht. Wer sich weigert, Maske zu tragen, wird nach Hause geschickt. Nur beim Essen oder Trinken dürfen sie abgenommen werden.

In den Klassenzimmern werden, wenn möglich, die Fenster offengelassen, Klimaanlagen angedreht und Luftfiltermaschinen benutzt, um ausreichend Belüftung zu garantieren. Außerdem werden Schuleinrichtungen nächtlich mit Desinfektionsmitteln umfassend gereinigt. Das Department of Education hat die Ventilation in Schulgebäuden und Klassenzimmern vor Beginn des Schuljahres untersucht. Zehn Gebäude, von denen einige mehrere Schulen beherbergen, wurden als nicht tauglich für den Unterricht in Covid-Zeiten befunden.

Offene Fenster in den Schulen.
Foto: Stella Schuhmacher
Eingang zu einer High-School, Covid-Anweisungen und Link zum Covid-Screening.
Foto: Stella Schuhmacher

Covid-Screening

Jeden Morgen müssen Schüler und Mitarbeiter ein Covid-Screening entweder elektronisch oder auf dem Papier ausfüllen, ohne das sie die Schulgebäude nicht betreten dürfen. Dafür wurden sogar Fieberthermometer mit nach Hause geschickt. Das Screening wird vor dem Eintritt ins Gebäude überprüft. Manche Schulen machen Temperaturchecks am Eingang.

Auch randomisierte Covid-Tests werden in allen Schulen regelmäßig durchgeführt, mit bisher vielversprechenden Resultaten. Die Headline in der "New York Times" lautete: „Bright Spot for N.Y.C.: In Schools, Only 18 Positives Out of 10,676 Tests.” Ein gutes Zeichen dafür, dass die Strategie funktioniert.

Covid-Screening-Information an der Tür einer Middle School.
Foto: Stella Schuhmacher

Was passiert, wenn es einen Covid-19-Fall an der Schule gibt?

Bei Covid-19-Ausbrüchen in den Schulen gibt es mehrere mögliche Szenarien. Bei einem einzigen positiven Fall in einem Klassenzimmer werden Schüler und Mitarbeiter mit engem Kontakt mit einer infizierten Person für 14 Tage in die Selbstisolation geschickt. Diese Klasse wird solange geschlossen. Bei zumindest zwei Fällen in verschiedenen Klassenzimmern würde die gesamte Schule für 14 Tage schließen und auf Fernunterricht umstellen.

Die Öffnung der Schulen ist auch eng an die Covid-19-Fallzahlen in der Stadt geknüpft. Der Bürgermeister der Stadt, Bill de Blasio, hat eine Drei-Prozent-Positivitätsrate bei Tests als Grenzwert für Schulschließungen angekündigt. Doch auch bei "wiederkehrenden, unkontrollierten Ausbrüchen von Covid-19" in einer oder mehreren öffentlichen Schulen der Stadt käme es zu einer Schließung. In einigen Gebieten in den Stadtteilen Brooklyn und Queens, die sich seit zwei Wochen wegen sehr hoher Infektionszahlen in einem Lockdown befinden, wurden die 169 öffentlichen Schulen bereits nach nur einer Woche wieder geschlossen.

Covid-Screening vor der Schule.
Foto: Stella Schuhmacher

Outdoor-Learning

Alle Schulen können Outdoor-Learning anbieten. Zu den Bereichen, die genutzt werden, gehören Schulhöfe und andere Schulgrundstücke. In einigen Fällen können Schulen auch die Erlaubnis beantragen, Straßen zu schließen und Kurse in Stadtparks abzuhalten.

Outdoor-Learning-Straßensperre.
Foto: Stella Schuhmacher
Foto: Stella Schuhmacher
Outdoor-Learning-Spaces.
Foto: Stella Schuhmacher
Tische und Regale werden nach dem Unterricht wieder hineingeräumt.
Foto: Stella Schuhmacher

Vorsichtiger Optimismus

In der Stadt, in der jeder 353. Bürger an Covid verstorben ist, liegen die Infektionszahlen weiterhin niedrigGillian meint: “Ich bin optimistisch, dass die Schulen langfristig offenbleiben können. Die Fallzahlen in meiner Nachbarschaft sind sehr gering und die Sicherheitsmaßnahmen in der Schule sind ausreichend. Sorge macht mir, dass bei Nachmittagsaktivitäten wie Sport oft die Regeln - Masketragen und Sicherheitsabstand - nicht respektiert werden.“ (Stella Schuhmacher, 24.10.2020)

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