Zur Begrüßung gab es von Stadtchef Michael Ludwig für seinen Gast Christoph Wiederkehr Punschkrapferl.

Matthias Cremer

Und täglich grüßt das Murmeltier. Zumindest drei Tage en suite. Von Montag bis Mittwoch, jeweils von 16 bis 19 Uhr, bittet Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) die Verhandlerteams der Neos, der Grünen und der ÖVP in sein großes Büro im Rathaus. Es gilt, eine neue Koalition auszuloten. Den Anfang machten am Montagnachmittag die Pinken.

Die in dieser Hinsicht noch unerfahrenen Neos schickten Landesparteichef Christoph Wiederkehr, Bildungssprecherin Bettina Emmerling und Generalsekretär Nick Donig ins Rennen. Empfangen wurden sie von Ludwig, Parteimanagerin Barbara Novak sowie Klubchef Josef Taucher. Als Begrüßung gab es für die Neos rosa Punschkrapferln und Mannerschnitten.

Die Neos erwarteten im Vorfeld ein "allgemeines Abstecken" von Leuchtturm-Themen: also von jenen Projekten, die die Pinken als besonders wichtig erachten. Aussagen zu inhaltlichen Verhandlungspunkten wurden nach dem Termin keine erwartet: Man habe sich auf Vertraulichkeit verständigt, sagte SPÖ-Kommunikationschef Raphael Sternfeld.

Wiens Bürgermeister und SPÖ-Chef Michael Ludwig empfing am Montag Neos-Chef Christoph Wiederkehr mit dessen Team zu ersten Gesprächen.
Matthias Cremer

Mehr Geld für Bildung und Klimaschutz

Wiederkehr hatte bereits zuvor mehr Investitionen in Schulen und Kindergärten sowie den Klimaschutz als drängend erachtet. Als Sofortmaßnahme würde Wiederkehr den Brennpunktschulen 40 Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung stellen, kündigte er im Interview mit dem STANDARD an. Konfliktpotenzial gibt es bei diesem Themenbereich mit Ludwig keines. Am ehesten könnte es bei der Forderung der Neos nach mehr Transparenz knarzen: Wiederkehr will, dass der Stadtrechnungshof künftig auch Parteifinanzen unter die Lupe nehmen kann.

Foto: APA / Georg Hochmuth

Für Ludwig sind die Neos auch deswegen attraktiv, weil sie erstmals Anspruch auf einen Stadtratsposten haben – aber eben nur auf einen. Bleibt der Stadtsenat mit zwölf Stadträtinnen und Stadträten bestehen, würden die Roten wie bisher sechs stellen können. Nur bei einer Koalition mit den Neos würde die Aufteilung bei den amtsführenden Stadträten weiter 6:1 lauten. Kommen die Grünen oder die ÖVP als Juniorpartner zum Zug, verschiebt sich das Verhältnis auf 6:2.

Fraglich ist aber, ob eine Regierungsbeteiligung von den Neos unter allen Umständen angestrebt wird. Intern sind einige Funktionäre im Wiglwogl: Es gibt Stimmen, die mit einem zu hohen Preis für die Neos rechnen.

Noch keine offizielle Präferenz von Ludwig

Die SPÖ unter Ludwig führte vor den Sondierungsgesprächen folgende inhaltliche Schwerpunkte ins Treffen: Absicherung des öffentlichen Gesundheitswesens, Unterstützung des Arbeitsmarkts, Bildungsoffensive wie Gratis-Ganztagsschulen, sozialer Wohnbau oder mehr Geld im Kampf gegen den Klimawandel.

Ludwig hat in puncto Koalition noch keine Präferenz erkennen lassen. Aus Rathauskreisen heißt es aber zu Schnittmengen mit den anderen Parteien: "Da müssen die Neos sicher einen weiteren Weg zurücklegen als die Grünen."

Grüne am Dienstag in Ludwigs Büro

Die Grünen sind am Dienstag in Ludwigs Büro geladen. Das Sondierungsteam umfasst Vizebürgermeisterin Birgit Hebein, Planungssprecher Peter Kraus und Klubchef David Ellensohn. Auch für sie hat die SPÖ Süßigkeiten vorbereitet – "ultravegan und megabiologisch", wie es heißt. Die ÖVP, der nur Außenseiterchancen eingeräumt werden, erhält am Mittwoch Bäckereiprodukte: "Wir verhandeln mit Türkis, es gibt aber Süßigkeiten der Bäckerei Schwarz", heißt es mit einem Seitenhieb aus der SPÖ.

Türkises Team mit City-Chef

Montagabend fixierte die ÖVP ihr Verhandlungsteam: Neben ÖVP-Landesparteichef und Finanzminister Gernot Blümel nehmen auch Gesundheitssprecherin und Seniorenbund-Präsidentin Ingrid Korosec, Finanzsprecher Manfred Juraczka und Bezirksvorsteher Markus Figl an dem Sondierungsgespräch teil. "Wir wollen Wien gestalten, wir wollen Wien besser machen und wir wollen mitregieren", sagte Blümel im Anschluss an die Sitzung des türkisen Landesparteipräsidiums.

Man erwarte "Verhandlungen auf Augenhöhe" und stehe für "ernsthafte Koalitionsverhandlungen zur Verfügung – nicht aber für Parallelverhandlungen". Inhalte würden "vor Posten und Positionen" kommen. "Unsere türkisen Prinzipien vor der Wahl gelten für uns auch nach der Wahl: Eine bessere Integrationspolitik, mehr Gerechtigkeit für die Leistungsträger, Entlastung der Unternehmen und der Menschen in der Stadt und mehr Kontrolle und Transparenz", sagte Blümel.

Ende der Woche könnte Ludwig bekanntgeben, mit welcher Partei er in Koalitionsverhandlungen tritt. Parallelverhandlungen wird es nicht geben. (David Krutzler, 19.10.2020)