Geschädigte der Bank müssen jeden Stein umdrehen, um zumindest einen Teil ihrer Verluste wiedergutzumachen.

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Wien/Eisenstadt – Der Skandal rund um die Commerzialbank Mattersburg löst immer noch Folgeschäden aus. Dass für die knapp 400 Gläubiger noch sehr viel zu holen sei, ist laut Einschätzung des Masseverwalters unwahrscheinlich. Manche haben den Verlust bereits abgeschrieben, andere stehen vor dem Aus.

Am Montag ging der Mattersburger Dachdeckerei-Betrieb Zimmermann von Ex-Commerzialbank-Aufsichtsrat Ernst Zimmermann in Konkurs, wie Gläubigerschutzverbände mitteilten. Die Insolvenz des Unternehmens, dessen Leitung der ehemalige stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende im August an seine Söhne übergeben hat, sei Folge des Konkursverfahrens der Skandalbank. In dessen Rahmen muss der Masseverwalter Kredite an Bankkunden, wie jene an den Dachdeckerbetrieb, fälligstellen. Laut Gläubigerschützern seien bei der Dachdeckerei 98 Mitarbeiter und etwa 65 Gläubiger betroffen. Die Verschuldung beträgt rund 812.000 Euro. Dank guter Auftragslage soll die Firma weitergeführt und entschuldet werden, so die Hoffnung.

Auch dank guter Auftragslage sieht das Technologieunternehmen Frequentis seine Verluste wegen der Commerzialbank-Pleite eine Spur gelassener. Die fast 31 Millionen Euro, die bei der burgenländischen Bank lagen, sind bereits abgeschrieben und eine Klage läuft, sagte Frequentis-Chef Norbert Haslacher mehreren Medien.

Überrascht von dem Skandal waren aber nicht nur Bankkunden. Wie berichtet, ist über Jahre weder dem zuständigen Wirtschaftsprüfer TPA noch der Bankenaufsicht etwas aufgefallen. Das könnte ein Nachspiel haben.

Suche nach Haftbaren

Die Suche nach Mitschuldigen zieht weite Kreise. Geschädigte der Bank müssen jeden Stein umdrehen, um zumindest einen Teil ihrer Verluste wiedergutzumachen. Das verwertbare Vermögen der Bank beträgt nur 163 Millionen Euro, dem stehen Forderungen von gut 870 Millionen Euro gegenüber.

Die Masseverwalter brachten eine Schadensersatzklage in Höhe von 20 Millionen Euro gegen den Wirtschaftsprüfer TPA ein. Gleichzeitig überprüfen die Anwälte, ob eine Amtshaftungsklage gegen die Republik Österreich möglich ist.

Wirbel um Rolle des Landes

Auch dem Land Burgenland werfen die Masseverwalter Aufsichtsversagen vor und erwägen, auf Schadensersatz zu klagen. Rund um die Rolle der Landesregierung in der Causa herrschte zuletzt Wirbel: Als Gründer Martin Pucher 1995 die Commerzialbank Mattersburg aus dem Raiffeisenverband herauslöste, brauchte er einen Revisor. Die Landesregierung, damals unter SPÖ-Landeshauptmann Karl Stix, übernahm diese Rolle für jene Genossenschaft, die als Mehrheitseigentümerin der Bank eingerichtet wurde.

Nachgefragt, warum das Land auf einmal die Revision für eine Genossenschaft übernehme, teilte ein Sprecher dem STANDARD mit: "Rechtsgrundlage war das Genossenschaftsrevisionsgesetz, womit die Landesregierung für Genossenschaften ohne Zugehörigkeit zu einem anderen Revisionsverband als Revisionsverband zu fungieren hatte."

Die Begründung ist aus Sicht der Genossenschaft stimmig, sie hatte keine Alternativen, nachdem die existierenden Revisionsverbände, jener der Raiffeisen und jener der Volksbanken, für das neue Institut nicht infrage kamen.

Das Land war aber rechtlich nicht dazu verpflichtet, Martin Pucher bei seinem Alleingang zu helfen: Die Politik tat das freiwillig, wie Kundenanwalt Ernst Brandl mit Verweis auf die relevante Gesetzespassage gegenüber dem STANDARD betont. Damit wurde für die Commerzialbank Mattersburg eine "Sonderkonstellation" geschaffen, wie Brandl es nennt. Denn wenig später wurde der gesetzliche Rahmen dahingehend geändert, dass nur noch anerkannte Revisionsverbände oder ein Gericht einen Revisor für eine Genossenschaft bestellen dürfen – nicht aber eine Landesregierung. Die bestehende Konstellation blieb aber erhalten.

Wie der "Kurier" berichtet, wollte das Land im Jahr 2015 wegen angeblichen Personalmangels die Revision wieder loswerden – obwohl die externe TPA mit der Durchführung betraut war. Allerdings fand sich weiterhin keine alternative Lösung, daher behielt das Land Burgenland die Zuständigkeit. Warum der Personalmangel in der Landesregierung letztlich doch keine Hürde mehr war, die Revision für die Genossenschaft zu übernehmen, ist unklar. Eine entsprechende Nachfrage wurde bisher nicht beantwortet.

Seitens der Landesregierung weist man jegliche Schadensersatzforderung von sich. Schließlich sei man nicht selbst für die Prüfung der Bank zuständig gewesen – das sei Aufgabe der Eigentümerin, der Genossenschaft, gewesen. (slp, 19.10.2020)