Etwa 20 Punkte Vorsprung dürfte Luis Arce von der Bewegung zum Sozialismus (MAS) vor seinem bürgerlichen Gegner Carlos Mesa bei der Präsidentenwahl in Bolivien haben. Dank dieser eleganten Ohrfeige rückt das Andenland ein Jahr nach dem erzwungenen Machtwechsel wieder nach links.

Die Bolivianer haben Ja gesagt zu einem Sozialismus, der ihnen wirtschaftliches Wachstum und sozialen Aufstieg gebracht hat.
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Gleich mehrere Lektionen haben die Bolivianer ihrer politischen Elite damit erteilt. Zum einen ist es eine klare Absage an die rechte Interimsregierung, die mit rassistischen Sprüchen ebenso unangenehm auffiel wie mit dem Zusammenstreichen sozialer Errungenschaften, Korruption und einem inkompetenten Krisenmanagement in der Pandemie. Zum anderen muss derjenige, der in Bolivien regieren will, die indigene Bevölkerung repräsentieren oder zumindest einbeziehen. Das gelang der gemäßigten Opposition um Mesa nicht.

Aber auch für die MAS bringt das Ergebnis Lehren. Die Bolivianer haben Ja gesagt zu einem Sozialismus, der ihnen im Gegensatz zu den Bruderländern Kuba, Venezuela und Nicaragua wirtschaftliches Wachstum und sozialen Aufstieg gebracht hat. Sie haben Nein gesagt zur Vetternwirtschaft und zum autoritären Abdriften eines Evo Morales. Das hat der als Ökonom kühl kalkulierende Arce verstanden.

Ob er sich auch aus dem Würgegriff seines Übervaters und dessen Seilschaften befreien kann, ist offen. Arce muss jetzt erst einmal beweisen, dass er auch in einer Rezession erfolgreiche Wirtschaftspolitik betreiben kann. (Sandra Weiss, 19.10.2020)