Pädagogen bestanden noch in der liberalen Kreisky-Ära darauf, Schüler "mores" zu lehren: im Bild ein garantiert nicht anti-autoritärer Lehrer aus Pink Floyds "The Wall".

Foto: Robert Newald

Die Einschränkungen, die Covid-19 den Staatsbürgern beschert, treffen niemanden härter als die amüsierwillige Jugend. Was den Silberrücken vielleicht bedenkenvoll stimmt, ihn aber in seiner Lebensgestaltung (ORF III schauen, Hans-Bürger-Kommentare abnicken) nicht anficht, muss den jungen Menschen in eine wahre Katastrophenstimmung versetzen. Klar ist: Die Sperrstunde wird von Youngsters nur dann für angemessen erachtet, wenn sie mit der Morgenstund‘ übereinstimmt, die zufolge des Reimzwangs vielleicht Gold im Mund hat, für uns Alte aber vor allem Blei im Gesäß.

Corona meint es nicht gut mit den Küken: Die trockene Verordnung soll jetzt die Party rocken! Wiederum müssen sich die Regierenden mit der Unrast der Jugend ins Benehmen setzen. Dabei gehört es zu den herrlichsten Vorrechten der Kids, ausgiebig wider den Stachel der Gesetzeskraft zu löcken.

Als ich Babyboomer in die Allgemeinbildende Höhere Schule überwechselte, schien die sonst vor Liberalität strotzende Ära Kreisky erst zaghaft in den pädagogischen Verwahranstalten Fuß gefasst zu haben. Klassenvorstände, die Kindern in missfarbenen Pullovern das Rechnen einbläuten, schossen mit Kreidestücken nach jedem Kopfrechner, dem die gesuchte Zahl nicht im Nu über die Lippen kam.

Miliz aus der Schulbank

Zur Bändigung von Schwätzern, Krawallmachern, "Bravo"-Lesern und anderen Subversiven wurden regelrechte Polizeitruppen gebildet. Selbstredend bestückte man solche Kindermilizen ausschließlich mit Personal von den umliegenden Schulbänken.

Wer, von sprossendem Bart und kippender Stimme geplagt, Dampf abließ, bekam sein Fett bei der nächsten Instanz ab: den Erzeugern. Manches Mal sah ich meine sensible Mutter mit verheulten Augen vom Elternsprechtag heimkommen. Glück hatte ich nur, wenn mein Vater der Lehrerschaft seine Aufwartung machte. Auf die professorale Feststellung: "Den Buam werden wir schon hinbiegen!" pflegte er zu erwidern: "Ich biege gar niemanden hin. Setzen Sie sich gegen den Kerl durch!" Wie es ja immer so ist: Die Folgen der Misere ausbaden musste anschließend wieder die Gastronomie. Ich erhielt nicht einen Groschen Taschengeld zum Ausgehen. (Ronald Pohl, 21.10.2020)