Die grüne Parteichefin Birgit Hebein stellte sich hinter ihren Kandidaten Krimi und ortete in ihrer ersten Reaktion eine Kampagne.

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"Dirty Campaigning" – mit diesen Worten tat die grüne Spitzenkandidatin und Vizebürgermeisterin Birgit Hebein wenige Tage vor der Wien-Wahl die Kritik an einem ihrer Kandidaten ab. Zuvor war ein arabischsprachiger Videoausschnitt publik geworden, in dem sich der Grüne Abdelati Krimi kritisch gegenüber dem österreichischen Scheidungsrecht geäußert hatte. Man wolle erst eine beglaubigte Übersetzung abwarten und dann etwaige Schritte setzen, meinte die Parteichefin damals.

Nun ist die Wahl längst geschlagen, was seither in der Causa passiert ist, ist aber unklar. Krimi ist einfaches Parteimitglied und wird auch künftig nicht in den Gemeinderat einziehen – damit war ohnehin nie zu rechnen, weil er auf dem 40. und damit letzten Listenplatz kandidiert hatte. Zudem erreichte er nur 27 Vorzugsstimmen, wurde also auch auf diesem Weg nicht vorgereiht.

Zukunft Krimis bei den Grünen offen

Seine Aussagen kamen aber bei vielen Grünen auf Landes- wie Bundesebene gar nicht gut an, auch wenn sich die wenigsten öffentlich dazu äußern wollen. Auch mit der vorschnellen Dirty-Campaigning-Reaktion Hebeins waren viele unglücklich. Die Landesparteispitze schweigt allerdings seither beharrlich zur Zukunft Krimis. Die beglaubigte Übersetzung dürfte zwei Wochen später wohl längst vorliegen. Aber weder das Ergebnis, noch ob man den umstrittenen Kandidaten inzwischen mit den Vorwürfen konfrontiert hat, kommuniziert die Partei. Jegliche Anfragen des STANDARD dazu blieben unbeantwortet.

Pikant ist, dass sich die Parteispitze über das Vorgehen in Bezug auf Krimi in einer ersten Reaktion offenbar selbst nicht einig war. Denn der Wiener Landesparteisekretär Peter Kristöfel versicherte der Islam-Expertin Nina Scholz, die den Videoausschnitt auf Social Media am 6. Oktober geteilt hatte, noch am selben Tag, dass er Krimi bereits zu einer Stellungnahme aufgefordert habe und dass dessen Aussage nicht mit grünen Grundwerten vereinbar sei. Er verwies zudem auf die Sitzung der Landesleitung am Montag nach der Wahl, dem 12. Oktober, bei der die Konsequenzen des Videos besprochen werden sollten. Kristöfels Mails an Scholz liegen dem STANDARD vor. Am 7. Oktober, dem darauffolgenden Tag, preschte Hebein dann mit einer ganz anderen Strategie vor und kritisierte eine Kampagne gegen Krimi. Nun will man sich wohl lieber gar nicht mehr äußern. Auch nicht dazu, was die Sitzung in der vergangenen Woche ergeben hat.

"Gegen die Gesetze dieses Landes"

Anstoß der Aufregung war eine Aussage Krimis in der Sendung "Live mit Krimi" vom 25. Juli, die sich an arabischsprachiges Publikum in Österreich richtet. Die Sendung läuft regelmäßig auf dem Facebook-Kanal "Infograt". Krimi kritisierte darin, dass in Österreich Frauen nach einer Scheidung bei der Obsorge von Kindern bevorzugt werden. Er wolle aber zwischen den Eltern schlichten, und das sei etwas Gutes, "auch wenn wir gegen die Gesetze dieses Landes sind", meinte Krimi. DER STANDARD überprüfte die Übersetzung im Untertitel des veröffentlichten Videoausschnitts und kam inhaltlich zum selben Ergebnis. Der Vergleich mit dem Originalvideo macht auch deutlich, dass der Teil nicht verkürzt zusammengeschnitten wurde, wie Hebein gesagt hatte.

Krimi selbst stritt die Interpretation seiner Aussagen dennoch ab. Er sei Feminist und nicht gegen die Ehegesetze. In vielen orientalischen Ländern hätten Väter in der Frage der Obsorge mehr Rechte als hierzulande Mütter, das habe er lediglich vergleichen wollen, betonte er. (Davina Brunnbauer, 21.10.2020)