Es war ja nur eine Frage der Zeit, bis wieder der erste Ruf nach Kennzeichen für Fahrräder ertönt. Und da war er eben auch schon. Barbara Slowik, Polizeipräsidentin in Berlin, preschte vor und schlug nun vor, Fahrräder mit Kennzeichen auszustatten.

Barbara Slowik, Polizeipräsidentin in Berlin, fordert aufgrund der aktuellen Situation eine Kennzeichenpflicht für Radfahrerinnen und Radfahrer.
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Als Grund dafür führt sie die steigende Anzahl an Fahrradunfällen und das Fehlverhalten von Radfahrern im Straßenverkehr an. Es würden sich die Beschwerden häufen. Vor allem von Fußgängern. Und es komme vermehrt zu Fahrerflucht nach schweren Stürzen. Verkehrsregeln würden ignoriert werden, die Ausrüstung sei mangelhaft, sagt Slowik in einem Gespräch mit der "Berliner Morgenpost".

Fest im Sattel bei der Forderung nach einem Kennzeichen für Fahrräder sitzt FPÖ-Mann Anton Mahdalik. Seit 2014 blitzt er damit ab. Pop-up-Radwege sind ihm, wie zu erwarten, ebenfalls nicht lieb.
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Die Lage in Österreich

In Österreich hat Innofact im Auftrag von Autoscout 24 im Juli eine Umfrage unter 500 Autofahrerinnen und Autofahrern gemacht, und kommt – wenig überraschend, wenn man sich noch einmal vor Augen führt, wer befragt wurde – zum Ergebnis, dass Radfahrer für 29 Prozent der Befragten "die mit Abstand größten Verkehrssünder" seien. Doch eine Überraschung: "Allerdings scheint sich die Disziplin der Radler verbessert zu haben, denn im Vorjahr hielten noch 43 Prozent der Befragten die Radfahrer für die größten Verkehrssünder im Straßenverkehr." Und wieder keine Überraschung: "Besonders kritisch gegenüber den Radlern zeigen sich übrigens ältere Befragte über 50 Jahre."

Der Radverkehr nimmt zu

Fakt ist: Das Radfahren ist gerade im urbanen Bereich besonders beliebt – die Corona-Pandemie und die damit verbundene Skepsis gegenüber öffentlichen Verkehrsmitteln spielen da sicher einer Rolle. In Wien wurden im Mai an 13 Zählstellen 980.888 Radfahrerinnen und Radfahrer gezählt. Das sind um 45,4 Prozent mehr als im Vorjahr. Und auch langfristig betrachtet steigt der Radverkehr. Schon vor Corona hat sich der Radverkehr auf der Argentinierstraße, um nur ein Beispiel herzunehmen, zwischen 2010 und 2019 mehr als verdoppelt.

Ursula Stenzel ging schon vor Jahren mit gutem Beispiel voran und hängte sich ihr Fahrrad-Wunschkennzeichen ans Körbchen, um dabei gleich auch gegen die Fahrradpläne der Grünen zu wettern.
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Stenzel und Mahdalik

Ist es also auch nur eine Frage der Zeit, bis in Österreich wieder jemand nach Kennzeichen für Räder schreit? Zuletzt waren das Ursula Stenzel und vor allem FPÖ-Verkehrssprecher Anton Mahdalik. Das ist aber schon ein paar Jahre her. Und sowohl in Wien wie auch in Berlin dürfte der Ruf nach Kennzeichen für Fahrräder ohnedies wieder ohne Erfolg verhallen – sind doch die Kosten und der Verwaltungsaufwand viel größer als der erhoffte Nutzen. (Guido Gluschitsch, 21.10.2020)