Wenn Bundeskanzler Sebastian Kurz mit finsterer Miene und Merkel’scher Raute-Handhaltung jetzt düstere Corona-Zeiten voraussagt – nachdem er vor nicht allzu langer Zeit noch Licht am Ende des Tunnels gesehen hat –, möchte man von ihm gerne hören, woher er sein Wissen nimmt. Wo ist die wissenschaftliche Basis für all die Corona-Maßnahmen, die er mit seiner türkis-grünen Regierung verordnet? Ist es etwa nur eine Pi-mal-Daumen-Rechnung, dass künftig nur sechs statt zehn Personen an einem Tisch im Restaurant sitzen dürfen? Oder gibt es für die Zahl einen wissenschaftlichen Hinweis? Wir bleiben im Unklaren.

Bild nicht mehr verfügbar.

Bundeskanzler Sebastian Kurz sagt düstere Corona-Zeiten voraus.
Foto: AP/Ronald Zak

Die Regierung beansprucht für sich die alleinige Deutungshoheit über die Pandemie. Das gelingt seit Monaten, auch weil sich wissenschaftliche Autoritäten mit kritischen Anmerkungen in der Öffentlichkeit zurückhalten. Wohl aus Angst um die universitäre Karriere, Angst, weniger Forschungsgelder zu bekommen, Furcht vor politischem Mobbing – aus Feigheit.

Österreich fehlt seit Beginn der Corona-Krise ein prominenter öffentlicher Platz für einen ständigen, transparenten wissenschaftlichen Diskurs. Ein Forum auch für einen Wettstreit der unterschiedlichen wissenschaftlichen Standpunkte. Nur so, mit mehr Wissen, kann die unverstehbare Pandemie langsam verstehbarer werden. Die Politik aber monopolisiert die Corona-Information und missbraucht sie als PR-Tool.

Es drängt, dass die Wissenschaft laut das Wort ergreift. (Walter Müller, 20.10.2020)