Mit der gemeinsamen Verschuldung für das Corona-Programm kommt die EU bei Investoren gut an. Doch es gibt auch Kritiker.

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Das Wiederaufbauprogramm der EU kommt in die Gänge, auch wenn es noch gar nicht in trockenen Tüchern ist. Am Dienstag hat die Europäische Union Anleihen für einen Bereich begeben, der Teil der umfassenden Strategie zur Bewältigung der Corona-Folgen ist: Er heißt SURE und unterstützt die Mitgliedsstaaten im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit. Das 100-Milliarden-Euro-Programm gilt als Vorbote des umstrittenen Wiederaufbaufonds mit einem Volumen von 800 Milliarden Euro.

Besonders an den Aktivitäten ist der Umstand, dass sich die Union dabei massiv verschuldet. Das Vorhaben sorgte für massive Grabenkämpfe, weil Länder wie Österreich gegen eine Transferunion Sturm liefen. Doch nach einem Kompromiss von Deutschland und Frankreich konnten skeptische Staaten nur noch Korrekturen durchsetzen, den Schritt in Richtung Eurobonds aber nicht verhindern.

17 Milliarden aufgenommen

Am Dienstag war es so weit: Für SURE borgte sich die EU 17 Milliarden Euro an den Kapitalmärkten. Die Anleihen gingen weg wie die warmen Semmeln. Die Nachfrage war so groß, dass der Emittent 233 Milliarden Euro hätte aufnehmen können. Tatsächlich ist die Veranlagung für Investoren verhältnismäßig attraktiv. Denn mit der Bestnote AAA verfügt die Union über das beste Rating, dennoch liegt die Verzinsung der Anleihen über jener des europäischen Topschuldners Deutschland. Und da die Europäische Zentralbank solche Bonds in weiterer Folge aufkauft, gibt es faktisch kein Risiko, auf den Papieren sitzen zu bleiben.

Emmanuel Macron und Angela Merkel setzten den Wiederaufbauplan durch.
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Ihre Attraktivität lässt sich an der Rendite – der Zinshöhe gemessen am Kurs der Anleihe – abmessen. Das SURE-Papier wirft zwar wie die meisten Staatsanleihen nichts ab, der Verlust ist aber geringer als anderswo. So bewegt sich die Rendite des EU-Bonds mit zehnjähriger Laufzeit bei minus 0,26 Prozent. Damit zahlen die Investoren immer noch deutlich weniger drauf als bei deutschen Staatsanleihen, die derzeit mit etwa minus 0,6 Prozent rentieren.

Österreich zahlt weniger als EU

Auch die Republik Österreich bietet Anlegern mit einer Verzinsung von minus 0,42 weniger als die EU. Selbst Frankreich verschuldet sich günstiger als die Union. Das ist insofern logisch, als der Staatenverbund das Risiko aller Mitglieder in sich trägt, also auch jenes von Italien oder Spanien.

Womit auch schon das Problem angesprochen ist. Für Österreich oder Deutschland kommt die Kreditaufnahme via Brüssel teurer, als wenn man die Anleihen selbst begeben würde, wie Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) am Dienstag anmerkte. Die Emission zeige, dass Eurobonds vor allem den "finanzärmeren Ländern" helfen, während es für Staaten mit soliden Haushalten teurer werde. Der Finanzminister machte klar, dass die gemeinsame Verschuldung nur eine krisenbedingte Ausnahme sei. "Eine langfristige Vergemeinschaftung von Schulden lehnen wir ab", so Finanzminister Blümel. (Andreas Schnauder, 20.10.2020)