Investor René Benko ist bestens vernetzt – auch, aber nicht nur in der ÖVP.

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An Gestapo-Methoden fühle er sich erinnert, und ein U-Ausschuss koste ja "das Geld der Steuerzahler", also warum wollen sich die Abgeordneten die Befragung überhaupt "antun": Das waren nur zwei der hitzig diskutierten Kommentare, die der letzte in einem U-Ausschuss befragte Milliardär für das Parlament übrig hatte. Es sprach: Martin Schlaff, Ende 2012 Auskunftsperson zu Osteuropa-Geschäften der Telekom.

Heute, Mittwoch, wird erstmals nach acht Jahren wieder jemand mit einem zehnstelligen Vermögenswert vor dem Untersuchungsgremium erscheinen, nämlich der Investor und Immobilientycoon René Benko. Er ist Herr über ein rasant gewachsenes Portfolio an Firmen, die unter dem Dach der Signa Holding versammelt sind. Da gibt es einerseits die Immobiliensparte, zu der das Park-Hyatt-Hotel in Wien, das Luxuskaufhaus Kadewe in Berlin und die Postsparkasse gehören. Dem gegenüber steht die Signa Retail, zu der Karstadt, Leiner, Kika und Galeria Kaufhof zählen.

Benkos Portfolio ist auch unter Türkis-Blau stark gewachsen, in Österreich schnappte er sich die insolvent gegangene Kika/Leiner-Gruppe. Das soll unter kräftiger Mithilfe der Bundesregierung passiert sein. Der Kauf des Leiner-Hauses in der Mariahilfer Straße wurde zwischen Weihnachten und Silvester 2017 grundbücherlich eingetragen, der frisch gekürte Kanzler Sebastian Kurz und Justizminister Josef Moser (beide ÖVP) sollen sich persönlich darum gekümmert haben, dass dafür ein Bezirksgericht aufsperrte. "Serviceorientierte Verwaltung" nannte das ein Sprecher.

Schau in die "Krone"

Im Sommer 2018 übernahm Signa die gesamte Kika-Leiner-Gruppe, auch hier soll die Regierung mitgesprochen haben. "Das Ziel der Bundesregierung ist immer, Arbeitsplätze in Österreich zu erhalten", sagte ein Sprecher damals. Allerdings kündigte die Signa rasch rund 1.000 Mitarbeiter, um das Unternehmen zu "sanieren".

Welche Absprachen im Hintergrund liefen, wollen die Abgeordneten am Mittwochvormittag von Benko erfragen. Auf besonderes Interesse wird auch dessen Einstieg bei der "Kronen Zeitung" stoßen, der im November 2018 erfolgte. Schon im Ibiza-Video sprach der damalige FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache davon, dass Benko Interesse an der größten heimischen Zeitung habe. Kurz vor dem Treffen mit der falschen Oligarchennichte schaute Strache auch auf Benkos Jacht vorbei; vor Erscheinen des Ibiza-Videos entschuldigte sich Strache telefonisch bei Benko. Wohl auch dafür, dass er auf Ibiza darüber spekuliert hatte, dass Benko und andere Superreiche Millionen Euro für Kurz gesammelt hätten – eine Aussage, die Strache später notariell widerrief und die auch von Benko und anderen Genannten in Abrede gestellt wurde. Die Opposition vermutet, dass zwischen der Hilfestellung bei Investments und dem Kauf der "Kronen Zeitung" ein Zusammenhang besteht: quid pro quo. Das wird naturgemäß von den handelnden Akteuren bestritten. Ebenso, dass Benkos Signa Interesse an der staatlichen Immobilienfirma ARE hatte, mit der jedenfalls kooperiert wird.

Unwiderlegbar ist hingegen, dass Benko bestens vernetzt ist. Bei der Signa mischt Altkanzler Alfred Gusenbauer (SPÖ) mit, dessen einstiger Assistent ist dort nun Pressesprecher und "Head of Politics". Geschäftsführer der Signa Holding ist der einstige Bundesimmobilien-Chef Christoph Stadlhuber. Der war unter Schwarz-Blau im Kabinett von Arbeitsminister Martin Bartenstein (ÖVP). Wer war damals noch Kabinettsmitarbeiter von schwarzen Regierungsmitgliedern? Zum Beispiel Mediensprecher und Kanzlerberater Gerald Fleischmann; der ÖVP-nahe Strategie- und Kommunikationsberater Daniel Kapp; sein Branchenkollege Jürgen Beilein, der heute die ÖVP im U-Ausschuss betreut; sowie Thomas Schmid, mittlerweile Chef der Staatsholding Öbag und einer der Hauptakteure im Untersuchungsgegenstand.

Es wird getörggelt

Da ist es kein Wunder, dass das Who's who der Politik erscheint, wenn Benko zum Südtiroler Brauch des Törggelen lädt: etwa Kanzler Kurz, Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (beide ÖVP), aber auch Pamela Rendi-Wagner, Thomas Drozda (beide SPÖ) und Helmut Brandstätter (jetzt Neos). Reisen des Kanzlers begleitet Benko immer wieder als Teil der Wirtschaftsdelegation. Es gibt wohl kaum einen Unternehmer, der so gut mit Kurz vernetzt ist und nicht an die ÖVP gespendet hat.

Nach Benko soll KTM-Chef Stefan Pierer aussagen, dessen Privatvermögen sich mit geschätzten 870 Millionen Euro auch sehen lassen kann. Spannend wird da besonders das Aufeinandertreffen des Motorradherstellers mit dem roten Fraktionsführer Jan Krainer. Der kann mittlerweile als Erzfeind von Pierer betrachtet werden – machte Krainer doch im Wahlkampf 2017 die Steuerdaten des Millionärs publik. Dieser hatte zuvor per Crowdfunding gesammelte Spenden für Sebastian Kurz verdoppelt.

Auf Maulwurfjagd

Nach Krainers Angriff auf Pierer wurde im türkisen Finanzministerium Jagd auf den Whistleblower gemacht, samt Datenschutzverletzungen. Pierer brachte auch Anzeige gegen Krainer ein. Unter Türkis-Blau kam es nicht nur zur Eröffnung der "KTM Motohall", die 1,8 Millionen Euro Kulturförderung des Landes Oberösterreich erhielt – auch Pierers Wunsch nach einem Zwölfstundentag wurde erfüllt.

Letzte Auskunftsperson ist Andreas Brandstetter, Chef der Uniqa. Er ist zwar selbst kein Superreicher, die Uniqa allerdings unter den größten Unternehmen des Landes. Die Abgeordneten werden von Brandstetter, der in den 1990ern ÖVP-Geschäftsführer war, wissen wollen, welchen Einfluss er auf Reformen ausgeübt hat.

Am Donnerstag geht es jedenfalls schwerreich weiter: Geladen sind Klaus Ortner, Hans Peter Haselsteiner und Cattina Leitner, Ehefrau von Andritz-Chef Wolfgang Leitner. Gemeinsam bringen die drei auch einige Milliarden Euro Vermögen zusammen – der Unterschied zum Mittwoch ist, dass Haselsteiner politisch eher pink blinkt. (Fabian Schmid, 20.10.2020)