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Bei Trumps Wahlkampfauftritt in Erie, Pennsylvania, war auch junges Publikum vertreten.

Foto: Reuters/TOM BRENNER

"Wenn wir Pennsylvania gewinnen, gewinnen wir das ganze Ding", rief US-Präsident Donald Trump am Dienstagabend in Erie in die Menge. Seine Kampagne war zwei Wochen vor der US-Wahl nach Pennsylvania gezogen, wo er auf einem Flugfeld zu hunderten Anhängern sprach. Masken sah man wie bei seinen sonstigen Wahlkampfauftritten wenige, wie gewohnt standen die Menschen dicht aneinander.

Mit seinem Urteil hat Trump recht: Pennsylvania ist einer der wichtigsten "Battleground States" im US-Wahlkampf. 2016 gewannen dort die Republikaner um Haaresbreite – 48,2 Prozent der Stimmen konnten sie holen, die Demokraten kamen auf 47,5 Prozent. Das war bei knapp sechs Millionen Menschen in dem Bundesstaat an der Ostküste eine lächerliche Differenz von 44.000 Wählerinnen und Wählern.

Nicht an seiner Seite war Melania Trump. Sie hatte den ersten Auftritt mit ihrem Mann nach zwei Monaten kurz zuvor abgesagt. Die First Lady hatte sich ja wie ihr Mann mit dem Coronavirus infiziert. Melania leide unter einem "anhaltenden Husten" und werde deshalb nicht reisen, teilte ihre Sprecherin mit.

Er brauche eine zweite Amtszeit, damit er für eine erfolgreiche Erholung von der Pandemie sorgen könne, versuchte Trump seine Anhänger also alleine zu animieren. Sein demokratischer Herausforderer Joe Biden würde Jobs in dem Bundesstaat abbauen. Das sei eine Wahl zwischen einer "Trump-Supererholung" (Trump super recovery) und einer "Biden-Depression" (Biden depression).

Obama im Drive-in

Biden selbst setzt seine Tour gerade aus, weil er sich auf die TV-Debatte in der Nacht von Donnerstag auf Freitag in Nashville vorbereitet. Daher schickte er seinen ehemaligen Chef, Ex-Präsident Barack Obama, nach Pennsylvania. Der wird am Mittwoch für Biden, der ja acht Jahre lang sein Vize war, in einem Auto-Drive-in in Philadelphia die Fahnen schwingen.

In Umfragen liegt Biden in dem wichtigen Bundesstaat aktuell zwar vorne, allerdings konnte Trump wieder ein bisschen aufholen. Eine Reuters-Umfrage vom Dienstag sieht die Zustimmungswerte dort für Biden aktuell bei 49 Prozent und für Trump bei 45. Im gesamten Land liegen die Werte bei 52,2 Prozent für Biden und 41,9 Prozent für Trump (Daten: FiveThirtyEight).

Zwei Wochen vor der Wahl haben circa ein Viertel der Wählerinnen und Wähler bereits im Zuge der "Early Votes" abgestimmt. Die nationalen Umfragen sehen Biden als Gewinner. In den umkämpften Swing States wie zum Beispiel – neben Pennsylvania – Florida und North Carolina sind die Zahlen aber deutlich knapper. Vor allem in North Carolina liefern sich die beiden ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Was aber ebenso auffällt: Auch Bundesstaaten, die sonst traditionell fest in republikanischer Hand sind, wie Georgia und Texas, werden bei dieser Wahl zu Wackelkandidaten.

Trump hätte also jeden Grund, nervös zu werden. Eine seiner geplanten "October surprises", nämlich das dubiose Auftauchen eines Datenträgers mit E-Mails, die beweisen sollen, dass Joe Bidens Sohn Hunter in der Ukraine und China in korrupte Geschäfte verwickelt war, hat medial nicht gezogen. So dubios war die Geschichte, dass nicht einmal der ansonsten eher Trump-treue Sender Fox News der Schlagzeile viel Aufmerksamkeit gönnte. Die "New York Times" legte am Dienstagabend damit nach, dass auch Trump zweifelhafte Konten mit Verbindung nach China habe.

Interview abgebrochen

Ob Trump langsam die Nerven reißen? Ein Interview mit dem TV-Sender CBS brach der Präsident jedenfalls vorzeitig ab. Das teilte der Sender am Dienstagabend mit, ausgestrahlt wird das Gespräch erst am Sonntag. Lesley Stahl hat das Interview für ein Special der Sendung "60 Minutes" geführt, Trump warf der renommierten Journalistin auf Twitter vor, dass das Gespräch "Fake" und "parteiisch" gewesen sei. Er ging sofort in die Offensive: Er plane, einen Mittschnitt noch vor Sonntag selbst zu veröffentlichen.

Das Rennen bleibt knapp. Die kommende TV-Debatte in Nashville schätzt der Politikberater Yussi Pick zwar nicht als wahlentscheidend ein, er sieht darin aber vor allem für Trump noch eine letzte Gelegenheit, Unentschlossene auf seine Seite zu bringen.

Barrett soll am Montag bestätigt werden

Eine weitere Gelegenheit für Trump zu glänzen könnte der kommende Montag bringen: Da soll seine umstrittenen Kandidatin für das US-Höchstgericht, Amy Coney Barrett, vom Senat bestätigt werden. Der republikanische Mehrheitsführer im Senat, Mitch McConnell, gab diesen Fahrplan am Dienstagabend bekannt. Nach den Anhörungen im Justizausschuss sind alle Wege zu der Abstimmung frei. Die Zustimmung der Abgeordneten ist der Richterin aufgrund der Mehrheitsverhältnisse so gut wie sicher.

Eine Bilanz konnte Biden bereits im September für sich entscheiden: Wie die finanzielle Offenlegung an die Wahlkommission vom Dienstag zeigt, sind Trumps Kampagnenfinanzen im September auf 63 Millionen Dollar geschrumpft. Biden hat zwar seine noch nicht offengelegt, hat aber bereits bekanntgegeben, dass er zusammen mit seiner Partei 432 Millionen gesammelt hat. Trumps Team hatte bekanntgegeben, dass es bei ihm und den Republikanern nur 251 Millionen sind. (Reuters, APA, saw, 21.10.2020)