Durch eine Impfung sinkt das Mortalitätsrisiko von Patienten mit Herzerkrankungen, Diabetes und Schlaganfällen sowie das Risiko für Komplikationen in der Schwangerschaft.

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Die Nachfrage nach Influenza-Impfstoffen ist durch die Corona-Pandemie so hoch wie nie zuvor. Impfstoffhersteller versuchen daher nach und nach zusätzliche Dosen zu produzieren und diese auszuliefern, so auch nach Österreich.

Eine neuerliche Evaluierung in den vergangenen Tagen hat nun ergeben, dass anstatt der bestellten 1,25 Millionen im Lauf der nächsten Wochen und Monate aufgrund von Nachbestellungen und der zusätzlichen Produktion insgesamt 1,86 Millionen Dosen in Österreich verfügbar sein werden, berichtet Renée Gallo-Daniel, Präsidentin des Österreichischen Verbands der Impfstoffhersteller.

Gelingt es, sie alle zu verimpfen, würde sich die Durchimpfungsrate in Österreich auf 21 Prozent erhöhen – im Vorjahr hatten sich nur rund acht Prozent der Menschen hierzulande impfen lassen. Österreich ist damit Schlusslicht in Europa. Neben der Impfmüdigkeit ist ein Grund, dass es bis zum heurigen Jahr kaum breite Impfkonzepte oder eine Kostenübernahme der öffentlichen Hand gab.

Schlechte Verteilung

Heuer ist alles anders. Doch obwohl nun mehr Impfstoffe als gedacht nach Österreich kommen, könnte es dennoch knapp werden, nicht unbedingt weil die Nachfrage so groß ist, sondern weil die Verteilung der Impfstoffe in Österreich nicht effizient geregelt ist, kritisiert Rudolf Schmitzberger, Leiter des Impfreferats der Österreichischen Ärztekammer.

Vor allem niedergelassenen Ärzten wurde bisher zu wenig Impfstoff zugeteilt. "Ärzte müssen momentan priorisieren und bestimmte Patienten bitten, zugunsten anderer auf die Impfung zu verzichten – mit der Hoffnung, dass im November und Dezember doch für alle Impfwilligen noch ein Impfstoff vorhanden sein wird", sagt Schmitzberger und kritisiert die mangelnde Absprache zwischen Bund, Ländern und Gemeinden. Keiner wisse derzeit, wer wie viele Mengen bestellt habe. Die Verteilungslogistik von Impfstoffen in Österreich müsse sich auch in Hinblick auf eine Corona-Impfung verbessern, so der Experte.

Beim Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen wurde heuer erstmals eine Schnittstelle eingerichtet, bei der große Player im Gesundheitswesen ihren Bedarf sowie ihren Überschuss melden können – im Idealfall soll es dadurch zu einer Umverteilung kommen, sagt dazu Maria Paulke-Korinek, Leiterin der Abteilung Impfwesen im Gesundheitsministerium.

Schulkinder impfen

Im Schnitt sterben in Österreich jährlich 1.000 Menschen an den Folgen der Influenza, so Paulke-Korinek. Empfohlen wird die Impfung jedem, der sich schützen will – besonders aber Menschen, die ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf haben, etwa ältere Menschen und chronisch Kranke, sowie ein höheres Risiko, sich anzustecken, etwa das Personal im Gesundheitsbereich. Erstmals ist die Influenza-Impfung auch Teil des kostenlosen Kinderimpfprogramms. Denn man weiß, dass Kinder eine große Rolle bei der Übertragung der Infektion spielen. Modellrechnungen zeigen, dass es effektiver ist, 20 Prozent der Schulkinder zu impfen als 90 Prozent der Seniorinnen und Senioren.

Dennoch rufen Expertinnen und Experten nach wie vor alle Menschen auf, sich impfen zu lassen. "Wir müssen alles daransetzen, andere Erkrankungen in der heurigen Saison so gering wie möglich zu halten", sagt Christoph Wenisch von der Abteilung für Infektions- und Tropenmedizin an der Klinik Favoriten. Besonders kritisch in puncto Auslastung der Spitalsbetten mit Grippeinfizierten sei jedes Jahr die Zeit nach den Weihnachts- und den Semesterferien. Vor allem Risikogruppen profitieren deutlich von einer Influenza-Impfung, weiß Wenisch. So sinkt durch eine Impfung etwa das Mortalitätsrisiko von Patienten mit Herzerkrankungen, Diabetes oder Schlaganfällen sowie das Risiko für Komplikationen in der Schwangerschaft. Auch werdende Mütter sollten sich daher impfen lassen.

Später Start

Eine Impfung ist übrigens auch später im Jahr noch sinnvoll. Die ersten Grippeviren kommen meist im Dezember nach Österreich, die Grippewelle beginnt im Jänner. In der kommenden Saison könnte sich beides aufgrund der Corona-Hygienemaßnahmen nach hinten verschieben, vermutet Paulke-Korinek. Zudem dürfte die Grippesaison insgesamt milder verlaufen.

Allen, die immer noch skeptisch sind, versichert die Expertin: "Grippeimpfstoffe sind sicher, hocheffektiv und wirksam." In seltenen Fällen könne man trotz einer Impfung an der Influenza erkranken, Betroffene haben jedoch mildere und kürzere Verläufe, weniger Komplikationen und müssen seltener ins Spital. Paulke-Korinek: "Geimpfte sind auf jeden Fall im Vorteil." (Bernadette Redl, 21.10.2020)