Der irakische Ministerpräsident Mustafa a-Kasimi: "Ich habe beinahe leere Staatssäckel erhalten. Und nun haben wir das Coronavirus."

Foto: Imago

Bagdad/Berlin – Iraks Ministerpräsident Mustafa al-Kasimi sieht sein Land in einer der schwersten Krisen seiner jüngeren Geschichte. Verantwortlich dafür seien niedrige Ölpreise und Missmanagement früherer Regierungen, sagte Kasimi vor Journalisten in Berlin. Dort hatte er am Dienstag Bundeskanzlerin Angela Merkel getroffen.

"Ich habe eine sehr schlechte wirtschaftliche Lage geerbt", erklärte Kasimi, der seit Mai im Amt ist. Frühere Regierungen hätten sich fast ausschließlich auf Öleinnahmen verlassen. "Ich habe beinahe leere Staatssäckel erhalten. Und nun haben wir das Coronavirus. Das führt zu einem vollständigen wirtschaftlichen Zusammenbruch." Schwierigste Herausforderung sei die Korruption, die im ganzen Land verbreitet sei, sagte der irakische Ministerpräsident weiter.

Massenproteste

Im Irak waren im vergangenen Jahr Massenproteste gegen die Machtelite des Landes und die schlechte Wirtschaftslage ausgebrochen. Wegen des niedrigen Ölpreises sind dem Land die Einnahmen weggebrochen. Der Irak leidet zudem unter den Folgen des Kampfes gegen die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS). Viele Gebiete sind noch immer zerstört.

Verschärft wird die Lage Kasimi zufolge durch die Konfrontation zwischen den USA und dem Iran. Die besonders gesicherte Grüne Zone in Bagdad, wo die US-Botschaft liegt, und die US-Truppen waren in den vergangenen Monaten mehrfach mit Raketen angegriffen worden. Dafür werden Iran-treue schiitische Milizen verantwortlich gemacht.

Das "reaktionäre Verhalten" der Iraner und der Amerikaner habe Auswirkungen auf den Irak, sagte Kasimi. Die Angriffe wollten weniger die USA schädigen als vielmehr seine Regierung blamieren.

270 deutsche Soldaten

Deutschland sei ein wichtiger Partner für den Irak, sagte Kasimi. "Wir müssen uns auf befreundete Staaten verlassen, insbesondere auf Deutschland, die uns helfen, unsere Fähigkeiten zu verbessern." Merkel hatte Kasimi am Dienstag weitere Unterstützung im Kampf gegen den IS und beim wirtschaftlichen Wachstum zugesichert.

Die Bundeswehr ist derzeit mit rund 270 Soldaten am Kampf gegen den IS in Syrien und im Irak beteiligt. Der Bundestag will das Mandat für maximal 500 Soldaten in der kommenden Woche um 15 Monate verlängern. (APA, 21.10.2020)