René Benko glänzte im Ibiza-Untersuchungsausschuss zwar nicht durch Erinnerungslücken. Viel Neues brachte seine Befragung dennoch nicht hervor. Oft berief er sich auf seine Rolle als Beirat der Signa-Gruppe.

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Die ersten Milliardäre haben abgesagt: Heidi Goess-Horten, der Nomatic-Gründer Johann Graf und der Waffenhersteller Gaston Glock kamen mehrmals aus Krankheitsgründen nicht in den Ibiza-Untersuchungsausschuss. Am Mittwoch hat es aber erstmals mit einer Milliardärsbefragung geklappt: Kein Geringerer als der medienscheue Tiroler Immobilien-Tycoon René Benko stand den Abgeordneten Rede und Antwort. "Nicht alle Milliardäre folgen unseren Einladungen gern, daher danke ich Ihnen", freute sich der SPÖ-Abgeordnete Christoph Matznetter über Benkos Erscheinen – der ironische Unterton war kaum zu überhören.

Seine Ladung vor den U-Ausschuss verdankte der Tiroler dem ehemaligen Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ), der Benko im Ibiza-Video als mutmaßlichen Parteispender von Freiheitlichen und Volkspartei erwähnt hatte. "Wie kommt Strache zu diesen Behauptungen?", wollte Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl wissen. "Da müssen Sie Strache selbst fragen", erwiderte Benko. "Er hat sich schon öffentlich entschuldigt und es als eine Prahlerei bezeichnet. Mir ist nicht erklärlich, wie er dazu kommt." Weder die Signa-Gruppe noch er persönlich haben an Parteien oder parteinahe Organisationen gespendet, so der milliardenschwere Investor. Auch indirekte Unterstützungen wie Werkverträge oder Inserate seien ihm nicht bekannt.

Ein Milliardär im U-Ausschuss – das hat Seltenheitswert.
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Leiner-Deal

Die Abgeordneten von Opposition und Grünen hatten ihre Zweifel an den Beteuerungen Benkos und hakten nach. Benkos Signa hat Ende 2017 den Leiner-Flagship-Store in der Mariahilfer Straße vom damals schwer angeschlagenen ehemaligen Kika/Leiner-Eigner Steinhoff erworben – hier geht es zum STANDARD-Bericht.

Medienberichten zufolge hat Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) damals eigens ein Bezirksgericht trotz Weihnachtspause aufsperren lassen, um den 60-Millionen-Euro-Deal schnellstmöglich abwickeln zu können. Wenig später ließ sich eine Privatstiftung des Milliardärs ein Pfandrecht auf die Immobilie ausstellen – im Wert von 95 Millionen Euro. Kurz habe Benko zu einem Millionengewinn verholfen, schlussfolgerten die Abgeordneten.

Anonyme Anzeige

Stephanie Krisper (Neos) legte der Auskunftsperson Auszüge aus einer anonymen Anzeige vom Juli 2020 vor, wonach die laut Anzeiger finanziell angeschlagene ÖVP Spenden an Gegenleistungen knüpfen wollte. Grundsätzlich ist in der Anzeige von Listenplätzen, der Übernahme von Positionen in der Gesetzgebung und Funktionen bei staatsnahen Betrieben die Rede. Konkret ist in Bezug auf Benko von der "Bevorzugung bei Verwaltungsabläufen (vgl. den Kauf des Leiner-Hauses ...)" die Rede.

Die von Stephanie Krisper (Neos) vorgebrachte anonyme Anzeige aus dem Juli 2020 liegt dem Untersuchungsausschuss vor.
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"Hat Sie jemals jemand gefragt, für die ÖVP oder Vorfeldorganisationen oder eine parteinahe Organisation zu spenden?", fragte Krisper. Benko verneinte. Es sei beim Leiner-Deal nicht um Gegenleistungen für Spenden gegangen, sagte Benko, sondern darum, möglichst rasch zu handeln – schließlich seien auch die Arbeitsplätze beim strauchelnden Möbelhaus bedroht gewesen.

Der Deal wurde außerdem an einem Freitag, also einem Werktag, besiegelt. Man habe das Medium verklagt, das berichtet hatte, dass das Bezirksgericht eigens geöffnet worden sei. Die Auskunftsperson entsann sich aber nicht, was der derzeitige Stand des Verfahrens ist – und eine entsprechende Anfrage des STANDARD ließ die Signa Holding unbeantwortet.

ÖVP verwies auf WKStA-Bericht

Die ÖVP sagte zur anonymen Anzeige, dass solche Anzeigen häufig eingehen, sich aber oft als haltlos erweisen würden. Außerdem habe Benko unter Wahrheitspflicht ausgesagt, nicht an die ÖVP gespendet zu haben, so ein Parteisprecher. Der ÖVP-Abgeordnete Ernst Gödl legte einen Vorhabensbericht der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) vor, wonach sich weder bei der Signa Holding noch bei Benko Hinweise auf Parteispenden ergeben hätten.

Die Befragung Benkos zog sich zäh und holprig dahin, bis die Fragezeit ausgeschöpft war. Ständig verwies der Befragte darauf, dass er nur dem Beirat der Signa-Gruppe vorstehe. Daher müssten operative Fragen auch an die Geschäftsführung, den Vorstand oder den Aufsichtsrat gestellt werden, nicht aber ihm. Wurde der Investor zu Handlungen von ihm nahestehenden Stiftungen gefragt, sagte er: "Weiß ich nicht, ich bin nicht Stiftungsvorstand." Ob Fragen zu Geschäften der Signa-Gruppe zulässig sind, wurde immer wieder diskutiert.

Der Leiner-Deal in der Wiener Mariahilfer Straße war freilich nicht der einzige Immobiliendeal Benkos, mit dem sich die Abgeordneten am Mittwoch beschäftigten. Die grüne Fraktionsführerin Nina Tomaselli hat tief in die Immobiliendeals von Türkis-Blau hineinrecherchiert. Nicht alle ihrer Fragen wurden vom Ausschuss zugelassen.

Pierer wollte Kurz unterstützen

Nach Benko wurde am Mittwoch der KTM-Chef Stefan Pierer geladen. Der Unternehmer, dessen kolportiertes Vermögen die Milliardengrenze nicht ganz kratzt, hat der ÖVP im Wahljahr 2017 mit einer Spende von 436.000 Euro weitergeholfen. Dass er sich um diese Summe Gesetze bestellt habe, bestritt Pierer allerdings – auch wenn er als Industrieller freilich am von Türkis-Blau eingeführten Zwölfstundentag interessiert gewesen sei.

Pierer, der auch hohe Positionen innerhalb der Industriellenvereinigung (IV) bekleidet, sagte, dass sich die IV in dem Untersuchungszeitraum ab 2017 um die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Österreich gesorgt habe. Der damalige Außenminister Sebastian Kurz sei motiviert auf die Wirtschaft zugegangen und in der Wirtschaft positiv angekommen. "In meiner damals 25-jährigen Karriere habe ich keine Partei unterstützt. Ich wollte Sebastian Kurz unterstützen. Ich kannte ihn da noch nicht persönlich."

Stefan Pierer wurde am Mittwoch als Zweiter vor den Ibiza-U-Ausschuss geladen.
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Zeitweise größter Spender

Eines Tages sei Kurz bei einer Veranstaltung der Oberbank in Linz gewesen. Pierer habe Kurz da zu KTM in Mattighofen eingeladen, wo es ein gutes Gespräch gegeben habe. Pierer habe Kurz inhaltliche und finanzielle Unterstützung angeboten. Das Kurz-Team habe eine Crowdfunding-Aktion gestartet. Pierer unterstützte diese mit einem Video und verdoppelte die lukrierte Summe. "Es kamen 430.000 Euro raus, und ich war eine Zeit lang der größte Spender", sagte Pierer.

Die SPÖ habe daraufhin versucht, ihn "zu diskreditieren". Schließlich seien in parlamentarischen Anfragen Dinge aus seinem Steuerakt öffentlich gemacht worden. "Sie können sich vorstellen, was das bedeutet", sagte Pierer. Das ÖVP-geführte Finanzministerium ging den Veröffentlichungen jedenfalls nach und suchte nach undichten Stellen, wie DER STANDARD hier berichtete.

Ziemlich beste Feinde: SPÖ-Abgeordneter Jan Krainer (l.) und KTM-Chef Stefan Pierer. Der rote Mandatar war an Steuerunterlagen des Unternehmers gelangt.
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Folgespenden an die ÖVP habe es jedenfalls nicht gegeben, wie Pierer bei seiner Befragung betonte. Auch habe er nicht an Landesorganisationen, Vorfeldorganisationen oder parteinahe Vereine gespendet – welcher Partei auch immer.

Als dritte Auskunftsperson war am späten Nachmittag Uniqa-Chef Andreas Brandstetter geladen. (Renate Graber, Aloysius Widmann, 21.10.2020)