Tschechiens Premierminister Andrej Babiš hatte am Mittwoch für seine Landsleute eine schlechte Nachricht.

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Nach dem Sommer wieder zurück in den Frühling? Für die Tschechinnen und Tschechen ist das ab Donnerstag Realität – freilich nur, was die Rückkehr strenger Maßnahmen zur Corona-Bekämpfung betrifft. Ein weitgehender Lockdown soll verhindern, dass die zuletzt sprunghaft angestiegenen Infektionszahlen weiter anwachsen und die Pandemie vollends außer Kontrolle gerät.

Geschäfte und Dienstleistungsbetriebe müssen zusperren – ausgenommen sind nur Läden, die mit ihrem Sortiment der Grundversorgung dienen. Das beschloss am Mittwoch das Kabinett. Auch in Einkaufszentren bleiben lediglich Drogerien, Apotheken und Lebensmittelgeschäfte geöffnet. Zudem gelten wieder Ausgangsbeschränkungen. Der Weg von der und zur Arbeit, notwendige Einkäufe sowie Arzt- und Familienbesuche sind davon nicht betroffen. Auch Spaziergänge in der Natur oder in Parks bleiben erlaubt. Allerdings dürfen jeweils nur maximal zwei Menschen gemeinsam unterwegs sein, sofern sie nicht ohnehin im selben Haushalt leben.

Premierminister Andrej Babiš entschuldigte sich nach der Regierungssitzung am Mittwoch dafür, dass er die Wiedereinführung genau dieser Maßnahmen zunächst ausgeschlossen hatte: "Aber jetzt müssen wir in erster Linie das Leben der Bürger schützen", so Babiš.

Das Zehn-Millionen-Einwohner-Land liegt derzeit bei der Zahl der Neuinfektionen europaweit an der Spitze. Allein am Dienstag wurden fast 12.000 Tschechinnen und Tschechen positiv auf das Coronavirus getestet. Kritiker werfen Babiš vor, wegen der Regional- und Teilsenatswahlen Anfang Oktober unpopuläre Maßnahmen aufgeschoben zu haben.

Rechtliche Bedenken in der Slowakei

Auch bei der 14-Tages-Inzidenz, also der Zahl der Ansteckungen in den vergangenen beiden Wochen pro 100.000 Einwohner, belegte Tschechien am Mittwoch mit knapp 976 Platz eins in der EU. Zum Vergleich: In Österreich waren es 203, in der Slowakei knapp 323.

Dennoch plant auch die slowakische Regierung bereits drastische Maßnahmen zur Corona-Bekämpfung. Immer wieder war in vergangenen Tagen von einer Testung der gesamten Bevölkerung die Rede, die Premierminister Igor Matovič ins Spiel gemacht hatte. Nur Kinder unter zehn Jahren sollen ausgenommen sein. Matovič sprach zwar von "Freiwilligkeit", sorgte damit jedoch für Unmut im Land: Wer sich nämlich nicht testen lasse, müsse sich in zehntägige Heimquarantäne begeben. Und wer ohne negatives Testergebnis auf der Straße angetroffen werde, müsste mit einer saftigen Geldstrafe rechnen.

Die Aktion sollte mithilfe der Armee am letzten Oktober- und ersten Novemberwochenende durchgeführt werden. Da die rechtlichen und logistischen Bedenken aber immer lauter wurden, liebäugelte Matovič am Mittwoch bereits mit einer Alternative: dem Lockdown. (Gerald Schubert, 21.10.2020)