Lernen am Küchentisch? Oder eh im eigenen Zimmer? Ein Computer sollte für Distance-Learning jedenfalls vorhanden sein.

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Wie die Corona-Situation an den Schulen aussieht, das ist anscheinend auch eine Frage der Zählweise. Vergangenen Freitag kam das Bildungsministerium auf 1.400 Schülerinnen und Schüler in Quarantäne – österreichweit. Davon unabhängig meldete die Tiroler Bildungsdirektion, ebenfalls Stand Freitag, alleine für das westliche Bundesland 2.000 Schülerinnen und Schüler, die sich zu diesem Zeitpunkt in Quarantäne befanden. Wie das zusammenpasst?

Nachfrage bei der Tiroler Bildungsdirektion: Dort heißt es, bei den 2.000 Schülerinnen und Schülern seien auch jene Fälle einberechnet, wo (noch) kein behördlicher Quarantänebescheid vorliegt. So wurde etwa eine größere Schule mit 21 Klassen von der Gesundheitsbehörde geschlossen – nicht alle der über 600 Betroffenen bekommen hier auch ein offizielles Schreiben. Das Ministerium frage hingegen nur die behördlich bestätigten Fälle ab.

Eine Sprecherin von Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) erklärt, dass nur auf dieser Basis exakte Zahlen ermittelt werden könnten. Gleichzeitig lässt sich damit allerdings nur schwer ein Überblick gewinnen, wie viele Kinder und Jugendliche wegen der Pandemie aktuell nicht an den Schulen unterrichtet werden.

Abseits der Statistik

Das kann nämlich abseits von Verdachts- und K(ontaktperson)1-Fällen unterschiedlichste Gründe haben: Manche Gesundheitsbehörden erstellen eine Art "Infoschreiben", in dem während der Wartezeit dazu geraten wird, daheim zu bleiben. Wer sich privat testen lässt, bleibt bis zum Ergebnis mitunter freiwillig zu Hause. Und auch negativ Getestete haben oft weiterhin Quarantäneauflagen. All das findet in der Statistik des Bundes keinen Niederschlag. Die Differenz zwischen Lernenden in Quarantäne und Lernenden, die nicht vor Ort unterrichtet werden, ist folglich groß.

Um bei Tirol zu beginnen: Allein hier lernen aktuell mehr als 20.000 Schülerinnen und Schüler im Fernmodus – zusätzlich zu den jungen Menschen in Quarantäne. Grund ist, dass die Bildungsampel regional auf Orange steht.

In Salzburg zählt Bildungsdirektor Rudolf Mair wie folgt: 7.940 Schülerinnen und Schüler sind im "ortsungebundenen Unterricht", weil auch hier: Orange! Teilweise werden sie in Gruppen an die Schulen geholt. Für weitere 665 Lernende wurde der Unterricht komplett auf Onlinebetrieb umgestellt – ihre Schule wurde von der Gesundheitsbehörde geschlossen. Einen offiziellen Quarantänebescheid hat hier nur ein Teil erhalten. Drittes Szenario laut Mair: An einem Standort mussten sich so viele Lehrkräfte in Quarantäne begeben, dass der Unterricht vor Ort nicht mehr aufrechtzuerhalten war. Jetzt findet er online statt – vorausgesetzt, dass positiv getestete Lehrpersonen dazu gesundheitlich in der Lage sind. Macht insgesamt über 9.000 Schülerinnen und Schüler, die in Salzburg aktuell im Distance-Learning sind.

Burgenländische Zählweise

Im Burgenland zählt man aktuell 58 positive Fälle und 213 Verdachtsfälle an den Schulen, die sich aufgrund eines offiziellen Bescheides in Quarantäne befinden. Darin nicht eingerechnet: jene Fälle, bei denen rund die Hälfte der Klasse erkrankt ist und der Rest dann aus organisatorischen Gründen kurzfristig per Distance-Learning unterrichtet wird. Nur bei einer Handvoll Klassen werde das aktuell so gehandhabt, sagt Bildungsdirektor Heinz Zitz – und das mache auch Sinn so. "Wir hätten sonst den doppelten Personalaufwand", sagt er.

Systematisch erfasst wird die Zahl dieser Kinder, die ohne Brief und Siegel auf Distance-Learning wechseln, nicht. Doch Herr Zitz warnt vor einem weiteren Bürokratisierungsschritt: "Wenn wir das jetzt auch noch erfassen müssen, sind wir nur noch mit Verwalten beschäftigt." Es mache Sinn, nicht immer auf die Entscheidungen der Gesundheitsbehörden zu warten, sagt Zitz mit Blick auf eine kurz zurückliegende Umstellung auf Distance-Learning an einer Schule für Sozialbetreuung. Der Großteil der teilweise schon über 18-Jährigen wurde hier positiv getestet, der Rest war in Warteposition. Was erschwerend hinzukam: Die Schülerinnen und Schüler sind im Rahmen ihrer Praktika auch in Pflegeheimen unterwegs. Zitz: "Da kann die Schulleitung nicht sagen, ich warte auf ein offizielles Schreiben, und bis dahin kommen sie weiter in die Schule."

Kärntner Quarantäne

In Kärnten zählt man mit Stand Mittwoch, neun Uhr früh, knapp 1.340 Verdachtsfälle, die teilweise auch positiv getestet wurden und einen Quarantänebescheid erhalten haben. So wird das auch in die Datenbank des Ministeriums eingegeben. Insgesamt 19 Klassen an acht Standorten lernen aktuell im Distanzbetrieb. Bildungsdirektor Robert Klinglmair verweist dabei auf die Entscheidungshoheit des Gesundheitsamts: "Wenn es dort heißt, die Klasse 3b am Standort XY ist zu schließen, machen wir das." Die exakte Anzahl der Quarantänebescheide erhalte man aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht.

Niederösterreich meldet aktuell 35 Klassen im Distance-Learning, bei fast 70 positiv getesteten Kindern. Vorarlberg hat in den vergangenen zehn Tagen 113 positive Fälle und 300 Verdachtsfälle verzeichnet. Wien verweist für Zahlen auf den Krisenstab der Stadt. Dort wiederum wird auf die Bildungsdirektion verwiesen. Dass sich alles sehr schnell ändern kann, ist wieder am Beispiel Tirol gut zu sehen: Dienstagfrüh hielt man nur mehr bei 1.300 Quarantänefälle – all inclusive. (Karin Riss, 22.10.2020)