Häuser in der Region Bergkarabach.

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Wien – Die Hoffnung auf ein rasches Ende des Blutvergießens in der Region Bergkarabach hat kurz vor dem geplanten Krisengipfel in Washington einen Dämpfer erhalten. Das aserbaidschanische Verteidigungsministerium berichtete am Donnerstag über neue Kämpfe. Armenien habe drei ballistische Raketen auf drei Regionen innerhalb Aserbaidschans abgefeuert. Armenien bezeichnete dies als "völligen Unsinn und eine zynische Lüge".

Aber auch das dortige Verteidigungsministerium sprach von Kämpfen in mehreren Gebieten. Den Behörden in Bergkarabach zufolge wurden die Stadt Martuni und nahegelegene Dörfer beschossen. Die Außenminister der Kriegsparteien werden am Freitag zu Gesprächen mit US-Außenminister Mike Pompeo in Washington erwartet.

In Bergkarabach leben überwiegend christliche Armenier, die dortige Führung wird von der armenischen Regierung in Jerewan unterstützt. Völkerrechtlich gehört das Gebiet zum mehrheitlich islamischen Aserbaidschan, von dem es sich jedoch 1991 losgesagt hatte. Am 27. September waren Kämpfe ausgebrochen, die bisher mehr als 800 Todesopfer gefordert haben.

Alijew: Wenig Chancen auf friedliche Lösung

Der aserbaidschanische Präsident Ilham Alijew schloss indes nicht mehr aus, den Armeniern "kulturelle Autonomie" in der Gebirgsenklave einzuräumen, wie die russische Nachrichtenagentur RIA berichtete. Alijew sagte, er sei nicht gegen die Einführung von Beobachtern und Friedenstruppen in der Region, aber Baku werde eigene Bedingungen dafür vorlegen. Er sei auch zu einem Treffen mit dem armenischen Regierungschef Nikol Paschinian bereit. Zugleich dämpfte der 58-Jährige aber die Erwartungen: "Mit dieser armenischen Regierung ist die Aussicht auf eine friedliche Lösung leider sehr gering", sagte er in der japanischen Tageszeitung "Nikkei".

Russland hofft auf friedliche Lösung

Die russische Regierung setzt auf eine friedliche Lösung des Konfliktes. Das sei der einzige Weg, sagte ein Kreml-Sprecher. Aserbaidschan will erst die Kontrolle über Bergkarabach zurückgewinnen und dann die Kämpfe beenden. Armenien will das nicht zulassen und wirft dem Nachbarn vor, Land an sich gerissen zu haben. Die Türkei wiederum erklärte, Soldaten zu entsenden und Aserbaidschan militärisch zu unterstützen, sollte ihr enger Verbündeter dies wollen. Russland hat einen Verteidigungspakt mit Armenien. (APA, Reuters, red, 22.10.2020)