Im April hieß es das erste Mal, dass der zweite Hilfsfonds "bald" komme.

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Plötzlich musste es schnell gehen mit wirtschaftlichen Hilfsmaßnahmen, als im Frühjahr die Krise das ganze Land wie eine Lawine überrollte. Für die Start-up-Szene gab es vom Wirtschaftsministerium rasch die Zusage für ein millionenschweres Hilfspaket. Von einem "Paarlauf" zwischen der Regierung mit privaten Investoren sprach Ministerin Margarete Schramböck (ÖVP) damals. Die Ausschüttung funktionierte grundsätzlich gut – aber dann doch nur so halb.

Von Mai bis Mitte August dauerte es, bis die 50 Millionen Euro aus dem Covid-Start-up-Hilfsfonds verteilt waren. Bis Dezember hätte er laufen sollen. Wenn junge Unternehmen ein Investment von mindestens 10.000 Euro bekamen, verdoppelte die staatlichen Förderbank AWS die Einlage – vorausgesetzt, die Gründer waren schnell genug. Eine weitere Aufstockung sei nicht geplant, hieß es im August im Ministerium. Daran hat sich nichts geändert, wie der Start-up-Berater der Regierung, Michael Altrichter, dem STANDARD bestätigt. "Für eine weitere Tranche fehlt das Budget, es kostet viel Geld, die ganze Wirtschaft zu retten." Der AWS zufolge wurden die 50 Millionen auf 214 Unternehmen aufgeteilt, wovon mehr als die Hälfte im Bereich Digitalisierung und IT tätig ist.

Der zweite angekündigte Risikofonds – zumeist Runway-Fonds genannt – verweilt immer noch im Ankündigungsmodus. Im Mai verlautbarte das Wirtschaftsministerium, der Risikofonds werde "bald" vorgestellt. So hieß es schon im August, und auch jetzt meint Altrichter, "er kommt wirklich bald".

Sicherheit vom Staat

Es geht ebenfalls um 50 Millionen Euro, die von Privatinvestoren eingezahlt werden. Im Gegensatz zu anderen privat geführten Fonds besichert allerdings die AWS die Hälfte des Geldes. Investoren bekommen also 50 Prozent zurück, wenn das Start-up scheitert. Die Finanzierungen sollen von 200.000 bis zu einer Million Euro gehen.

"Punktuell waren die Ansätze richtig, doch die große Ernsthaftigkeit vonseiten der Regierung vermisste ich", meint Bernhard Lehner, einer der Vorstände bei der Linzer Start-up-Schmiede Startup300. "Dass der Fonds im Sommer auslief, hat sicher einige überrascht, die das Geld wirklich gebraucht hätten. Vielleicht haben auch jene, die bereits besser aufgestellt waren, einfach die Gelegenheit genutzt."

Für die eigene Startup300 AG gibt sich Lehner zuversichtlich und erwartet zum Jahresende hin erstmalig ein positives Betriebsergebnis. Im ersten Halbjahr erzielte man einen Vorsteuergewinn von 325.000 Euro. Im Vorjahr belief sich der Verlust auf knapp fünf Millionen Euro. Das wurde mit erheblichen Verschmelzungsverlusten und Umstrukturierungen begründet.

Gewinner und Verlierer

Logischerweise zählen jene zu den Gewinnern, die digitale Tools anbieten. Wer in der Reise-, Gastro- oder Eventbranche arbeitet, hat das Nachsehen. Das beobachtet auch Austrian-Start-up-Geschäftsführer Markus Raunig, der die Szene in seinem Monitor jedes Jahr gründlich analysiert. "2020 wird von großen Investments und guten Entwicklungen bis hin zu vielen Gescheiterten alles dabei sein."

Raunig und Lehner sind sich einig, dass in Sachen Hilfsfonds mehr passieren müsste. Man könne nicht jedes Unternehmen retten, aber die Krise sei eine gute Chance für längst überfällige strukturelle Änderungen wie unbürokratischere Prozesse, Anteilsübertragungen und Mitarbeiterbeteiligungen.

Neue Gesellschaftsform

Vor allem die Mitarbeiterbeteiligungen werden fast gebetsmühlenartig gefordert. Im Wirtschaftsministerium gibt es dazu eine Idee: eine neue Gesellschaftsform namens "Austria Limited". Das für eine Gründung nötige Stammkapital soll auf 5000 Euro gesenkt, der Ein- und Ausstieg von Investoren erleichtert und einfache Mitarbeiterbeteiligungen ermöglicht werden. Außerdem soll der Gründungsvorgang digital handhabbar sein. Wirtschaftsministerin Schramböck will das durchbringen. Legistisch liegt das Thema aber im grünen Justizministerium, und Alma Zadić steht auf der Bremse.

Bei einem Gespräch mit Szenevertretern zeigte sie Verständnis für Handlungsbedarf, wolle aber "keinen Schnellschuss" verantworten. Es fiel nicht in ihre Amtszeit, aber eine ähnliche Reform scheiterte 2014 mit der "GmbH light". Am Donnerstag tagten Experten im Justizministerium. Ein Sprecher meinte diesbezüglich: "Das Thema steht am Anfang, das wird noch lange dauern, bis etwas spruchreif ist." Die Materie sei zu komplex.

Gemischte Gefühle

In Anwalts- und Steuerberaterkreisen stößt die Idee auf verhaltene Begeisterung. Man spricht sich eher dafür aus, das bestehende Recht weiterzuentwickeln und zu flexibilisieren. "Das Stammkapital zu senken macht keinen großen Unterschied mehr. Dennoch ist es gut, dass über eine grundlegende Reform nachgedacht wird. Ein völlig neues Konstrukt wird von der Praxis womöglich nicht angenommen. Zudem drohen Auslegungsbedürftigkeit und damit Rechtsunsicherheit", sagt der Leiter des Kapitalmarktrechts bei KPMG Law, Stefan Arnold. Was helfen würde, wäre ein funktionierender One-Stop-Shop, um die Gründung effizient abzuwickeln. Es sei oft der bürokratische Aufwand, der Start-ups hohe Kosten verursache, und deswegen brauche es hier Verbesserungen. (Andreas Danzer, 23.10.2020)