Es ist schon erstaunlich, wie wenig es in unserem postmodernen Zeitalter braucht, damit ein Vorgang gleich als "Meilenstein" oder gar als "Tabubruch" gewertet wird. Die jüngsten Aussagen von Papst Franziskus gehören dazu.

Papst Franziskus hat sich öffentlich für die Anerkennung homosexueller Partnerschaften ausgesprochen.
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Dass auch Homosexuelle "Kinder Gottes" seien und dass "niemand aufgrund seiner sexuellen Ausrichtung ausgeschlossen oder unglücklich werden" dürfe: Diese Einsicht müsste im dritten Jahrtausend nach Christus eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein. War es aber bisher nicht – oder zumindest nicht überall in der katholischen Kirche. So gesehen ist die päpstliche Forderung nach der Anerkennung homosexueller Partnerschaften in der Tat eine kleine Sensation.

Es ist absehbar, dass sich das recht große Lager der ultrakonservativen Gegner des Argentiniers Jorge Mario Bergoglio einmal mehr fürchterlich über den vermeintlich marxistisch-gottlosen Papst aufregen und ihm eine Verletzung der reinen katholischen Lehre vorwerfen wird. Doch mit seiner Öffnung gegenüber eingetragenen Partnerschaften setzt Franziskus lediglich den katholischen Katechismus um: Dieser verbietet jegliche Diskriminierung Homosexueller.

Er kratzt dabei keineswegs an der Institution der Ehe, wie sie von der katholischen Kirche verstanden wird: Das Sakrament ist und bleibt auch unter Franziskus Mann und Frau vorbehalten. Die Kirche bleibt also im Dorf, auch wenn das die Fundamentalisten – zumeist böswillig – anders sehen wollen. (Dominik Straub, 22.10.2020)