ÖVP-Großspender Klaus Ortner unterhielt sich nach seiner Befragung mit Neos-Fraktionsführerin Stefanie Krisper.

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Auch wenn die Zeiten der türkis-blauen Partnerschaft vorbei sind, kam zwischen den ehemaligen Koalitionspartnern zu Ende einer intensiven Woche im Ibiza-Untersuchungsausschuss wieder ganz kurz ganz ein bisschen Koalitionsstimmung auf. Zumindest hatten ÖVP und FPÖ Donnerstagfrüh angekündigt, die zweite Auskunftsperson des Tages genauer ins Verhör nehmen zu wollen: Neos-Finanzier und Bauunternehmer Hans Peter Haselsteiner. Man wolle sehen, wie es bei den Neos um Aufklärung stehe, sagte ÖVP-Fraktionsführer Wolfgang Gerstl vor den Befragungen. Niemand habe mehr in eine Partei eingegriffen, die Neos gäbe es ohne ihn nicht.

Vereine zur Verschleierung von Spenden, "wie sie vielleicht bei anderen Parteien üblich sind", hätten weder das Liberale Forum noch die Neos je gehabt, sagte der Industrielle. Man sei bei Spenden transparent, betonte der Unternehmer in Bezug auf seine politische Heimat, die er gerne finanziell unterstütze.

Hans Peter Haselsteiner macht keinen Hehl daraus, dass er die Neos unterstützt. An seine 150.000-Euro-Spende für den Wahlkampf von Bundespräsident Alexander Van der Bellen kann er sich nicht erinnern.
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Türkis und Blau vermochten den Fokus aber nur phasenweise auf Haselsteiners Spenderdasein zu lenken. Das dominierende Thema blieb Türkis-Blau, schließlich hatte der ehemalige blaue Vizekanzler Heinz-Christian Strache im Ibiza-Video gesagt, er werde dafür sorgen, dass der Unternehmer keine öffentlichen Aufträge mehr bekomme.

"Kein Kopfgeld" auf Strache

Er selbst habe mit der Erstellung des Videos nichts zu tun, erklärte Haselsteiner. Ob er ein Kopfgeld auf Strache ausgelobt habe, wie dieser behaupte: "Der Herr Strache wäre mir kein Kopfgeld wert."

Haselsteiner schloss auch Vor- und Nachteile für die Strabag bei Vergaben in der türkis-blauen Regierungszeit aus. Bei Vergaben rund um die Westbahn fühlte er sich allerdings nicht gerecht behandelt, so der Milliardär in Richtung des damaligen Verkehrsministers und jetzigen FPÖ-Chefs Norbert Hofer.

Auch ÖVP-Großspender geladen

Ein anderer Großspender, und zwar der Volkspartei, war am Donnerstag vor Haselsteiner vor den Ausschuss geladen: Klaus Ortner. Der Bauunternehmer unterstützte die ÖVP über Firmen seiner IGO – mit mehr als einer Million Euro. Er verteidigte sich gegen die Vorwürfe, seine Spenden in Raten unter 50.000 Euro gezahlt zu haben, um sie am Rechnungshof vorbeizuschleusen. "Die Meldung kommt ja sowieso, ich konnte und wollte nicht aus Belastung für das Unternehmen alles auf einmal spenden, sondern in Raten." Dann sagte er aber doch, es sei auch darum gegangen, nicht jeden Monat in der Zeitung zu stehen.

ÖVP-Spender Klaus Ortner sagte, dass seine Familie keine Gefälligkeiten vonseiten der Politik nötig habe.
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Dass seine Tochter in den Aufsichtsrat der Staatsholding (Öbag) berufen wurde, habe nichts mit Gefälligkeiten zu tun. Die Familie Ortner habe solche Gefälligkeiten auch gar nicht nötig, sagte er. Seine Tochter sei qualifiziert und habe sich auch penibelst mit Fragen der Vereinbarkeit auseinandergesetzt, bevor sie das Mandat angenommen habe. Als einmal Öbag-Chef Thomas Schmid, Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und rund zehn weitere Gäste privat bei ihm diniert hätten, sei kein einziges Wort über Politik gesprochen worden, so Ortner.

Die 49/51-Konstruktion

Die grüne Fraktionsführerin Nina Tomaselli sagte im Anschluss, dass Ortner überraschend offen dargelegt habe, wie die republikseigene Immobiliengesellschaft (Are) bei großen Projekten zu einem 49/51-Konstrukt greife, um das Bundesvergabegesetz nicht anwenden zu müssen. Das Vergabegesetz sei ein wichtiger Korruptionsschild, komme aber nicht zum Tragen, wenn der Bund als Minderheit, etwa mit 49 Prozent, an einem Projekt beteiligt sei – das öffne die Tür für intransparente Ausschreibungen.

Nina Tomaselli, Fraktionsführerin der Grünen, nahm wertvolle Erkenntnisse aus dem Ibiza-U-Ausschuss am Donnerstag mit. Sie hatte schon im Vorfeld tiefgreifende Recherchen zu Immobiliendeals rund um Türkis-Blau angestellt – DER STANDARD berichtete.
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Bei der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG), der die Are gehört, sagt man dazu: Die Are soll einen Teil des BIG-Portfolios marktfähig machen. Sie habe auch zahlreiche hundertprozentige Projektgesellschaften, die ob ihrer rein marktwirtschaftlichen Ausprägung nicht dem Vergaberecht unterlägen.

Tomaselli beanstandete aber auch, dass das Geschäftsgebaren der Are in den vergangenen Jahren den Verdacht nahe lege, dass die Strategie verfolgt werde, eine massive Eigenkapitalerhöhung – bei gleichzeitiger Erhöhung des Fremdkapitals – voranzutreiben, um bei einer Privatisierung einen höheren Wert zu erzielen. "Es erscheint plausibel, dass dies durch die aggressive Expansionsstrategie, also den Ausbau des Immobilienportfolios, erzielt werden solle, so die Grüne in einer Aussendung. "Die Entwicklung des Eigenkapitals ist Ergebnis des wirtschaftlich erfolgreichen Wegs der letzten Jahre", lautet die kurze Replik der Big dazu.

ÖBB-Aufsichtsrätin spendete

Als dritte Auskunftsperson war am Donnerstag ÖBB-Aufsichtsrätin Cattina Leitner vor den Ausschuss geladen. Die Grazer Anwältin und Andritz-Miteigentümerin war bei der Umfärbung des Gremiums durch ÖVP und FPÖ Anfang 2018 von der ÖVP entsandt worden. 2017 hatte sie über die Betriebsgesellschaft eines Hotels in ihrem Besitz 10.000 Euro in Seeboden am Millstätter See an einen anderen Seebodener Hotelier und ÖVP-Kandidaten gespendet. Ihr Aufsichtsratsposten habe damit aber nichts zu tun, sagte sie.

Cattina Leitner, Aufsichtsrätin der ÖBB, hat schon Kandidaten mehrerer Parteien unterstützt – aber nie in der Erwartung von Gegenleistungen, wie so vor dem U-Ausschuss am Donnerstag beteuerte.
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Die Spende, die direkt an Sigismund Moerisch, den nunmehrigen Hotellerie-Fachgruppenobmann der Kärntner Wirtschaftskammer, ging, hätte sie auch getätigt, wenn er für die Neos oder die SPÖ ins Rennen gegangen wäre. Es sei um eine Stimme für die Region Millstätter See im Parlament gegangen. Moerisch kandidierte auf der türkisen Liste.

Regierung wechselte, Posten nicht

Leitner blieb Aufsichtsrätin der ÖBB Holding AG, als es zuletzt zu neuerlichen Rochaden unter Türkis-Grün kam. Sie sei ursprünglich von ÖVP-Verkehrssprecher Andreas Ottenschläger angesprochen worden. Ihre Beweggründe für die Zusage: "Es ist ein tolles und für Österreich äußerst wichtiges Unternehmen. Wenn jemand wie ich, die in allen möglichen Situationen dafür eintritt, dass Frauen in Führungsfunktionen kommen, dann kann ich nicht absagen. Eine Entscheidung von dieser Tragweite ist gewaltig. Es hat mit meiner Spende über unser Hotel nichts zu tun."

Leitner war übrigens mit einer Spende in der Höhe von 100.000 Euro im Bundespräsidentinnen-Wahlkampf die größte Geldgeberin der späteren Neos-Abgeordneten Irmgard Griss. Gegenleistung habe sie wie bei der Unterstützung des türkisen Moerisch keine erwartet, im Gegenteil: Eine Frau mit einem solchen Profil hätte im 21. Jahrhundert als Bundespräsidentin einfach gefördert gehört, so Leitner.

ÖVP verurteilt Anzeige

Zu der am Mittwoch im U-Ausschuss bekannt gewordenen anonymen Anzeige – DER STANDARD hat hier darüber berichtet –, in der dem Bundeskanzler vorgeworfen wird, für die Nationalratswahl 2017 nicht nur intensiv Spenden gesammelt, sondern den Spendern Mandate oder Ämter versprochen zu haben, äußerte sich ÖVP-Klubobmann August Wöginger. Eine "niederträchtige Form von Dirty Campaigning", sei das, dem rosa-roten Duo aus Neos-Fraktionsführerin Stefanie Krisper und SPÖ-Fraktionsführer Jan Krainer sei jedes Mittel recht, um den Kanzler anzupatzen. (Renate Graber, Aloysius Widmann, 22.10.2020)