In Victor Hugos Roman "Notre-Dame de Paris", ins Deutsche übersetzt als "Der Glöckner von Notre Dame", spielt die gleichnamige Kathedrale die Hauptrolle.

Foto: Rita Newman

Wien – Die Augen werden immer feucht angesichts der gegenseitigen Rettungsversuche des missgebildeten Quasimodo (Frank Engelhardt) und der wilden Esmeralda (Soffi Povo) aus Victor Hugos Der Glöckner von Notre-Dame. Der eine wird vom Domprobst im Nordturm der Kathedrale gefangengehalten, die andere sieht sich Vorurteilen und der Verfolgung ausgesetzt. Auf nur vier Charaktere hat der britische Autor Jethro Compton die von Ausgrenzung, Manipulation und Kirchenmacht handelnde Romanepisode eingedampft und sie in einer schön musealen Inszenierung am Theater der Jugend herausgebracht (Spielort: Theater im Zentrum).

Analog zu einem klassischen Historienfilm läuft das Geschehen wie in einer Zeitkapsel ab. Wir schreiben das Spätmittelalter, es knarzt das Kirchentor, es scheppern die Folterketten. Die märchenhafte Bildästhetik (Bühne: Diana Zimmermann und Compton) erinnert an den London Dungeon, ein steter Soundscore tut das Übrige.

"Die Finsternis des Teufels zerrt an dir", verflucht der Domprobst (Bernhard Majcen) die freidenkerische und aus seiner Sicht also gottlose Schaustellerin Esmeralda. In der Übersetzung von Birgit Kovacsevich wird sie als "Zigeunerin" geführt, eine abwertende Fremdbezeichnung, deren Tilgung sich jüngst auch die Knabberbranche angeschlossen hat ("Zigeunerräder"). Am Theater bleibt die Problematisierung des Begriffs den Pädagogen überantwortet. (afze, 23.10.2020)