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"Ich kann nicht mehr" – mehr Druck bringt mehr Suchtgefährdung.

Foto: Getty Images

Die Corona-Pandemie stellt viele Betriebe vor besondere Herausforderungen. Manche kämpfen ums Überleben, andere mit der Bürokratie in Bezug auf Förderungen. Mitarbeiter sind in Kurzarbeit, Jobs wackeln, und diejenigen, die arbeiten, müssen sich mit Schutzmaßnahmen auch am Arbeitsplatz auseinandersetzen. Homeoffice ist das neue Zauberwort, doch die damit verbundenen Herausforderungen sollten nicht unterschätzt werden. Viel zu tun und viel zu entscheiden, egal wohin man schaut.

Wir wissen noch nicht, wie sehr sich die Corona-Krise längerfristig auf die Psyche auswirkt. Fest steht jedoch, dass eine derart massive Veränderung unseres (beruflichen) Alltags, gekoppelt mit der ständigen Unsicherheit, Ängste schürt und ein hohes Maß an Bewältigungsstrategien voraussetzt. Sich zu betäuben ist eine Möglichkeit, mit unangenehmen Gefühlen umzugehen. Sie auszublenden stellt zwar keine Lösung dar, bringt aber für den Moment Erleichterung. Diejenigen, die zum Beispiel Alkohol schon bisher verwendet haben, um nach der Arbeit "runterzukommen", sind nun besonders gefährdet, den Konsum zu intensivieren.

Auf die Gesundheit der Mitarbeiter achten

Zum Managen der Krise gehört es, auf die Gesundheit der Mitarbeiter zu achten. Und dazu zählt eben auch, das Thema Konsum von Suchtmitteln und hier vor allem von Alkohol im Auge zu behalten. Konsumierende bzw. beeinträchtigte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stellen immer eine Herausforderung dar, die Krise stellt Führungskräfte jedoch auch hier vor neue Fragestellungen: Wie kann ich suchtgefährdete Mitarbeiter sinnvoll unterstützen? Fördert Homeoffice die Heimlichkeit des Konsums? Kann ich eventuell vorhandene Stufenpläne auch in Zeiten der Einschränkungen anwenden? Und: Wie kann ich unter den gegebenen Umständen betriebliche Präventionsmaßnahmen umsetzen?

Dabei stehen Führungskräfte selbst oft unter hohem Druck: Sie sind mit Aufgaben konfrontiert, auf die sie nicht vorbereitet waren. Entscheidungen müssen rasch getroffen werden – oft ohne das Wissen, was richtig und was falsch ist. Verantwortung erstreckt sich nicht nur auf den wirtschaftlichen Erfolg, sondern auch auf die Belegschaft und die Kunden. All das lässt sich oft nicht innerhalb der "normalen" Arbeitszeiten erledigen. Mit dem Druck steigt die Suchtgefährdung. Und nach dem etwas entspannenderen Sommer kommen nun Herbst und Winter, die ein neues Durchstarten in die Ungewissheit erfordern.

In unseren Beratungsstellen sehen wir verstärkt Menschen, die nicht zur klassischen Klientel zählen. Dazu zählen Berufstätige, die aus der gewohnten Sicherheit gerissen worden sind. Unvorhergesehene Gehaltseinbußen oder die Angst, den Job zu verlieren, wären für diese Zielgruppe vor Monaten noch undenkbar gewesen. Überforderung und Stress werden zusätzlich als Auslöser für das Entgleisen des Konsums genannt.

Tipps, was Sie konkret tun können:

· Sie haben den Verdacht, es könnte sich bei Ihrem Mitarbeiter oder Ihrer Mitarbeiterin um einen erhöhten Konsum bzw. eine Suchterkrankung handeln? Scheuen Sie sich nicht und sprechen Sie die Person frühzeitig an. Sie nehmen damit Ihre Fürsorgepflicht als Führungskraft wahr.

· Sprechen Sie Ihre Wahrnehmungen an und beziehen Sie sich auf konkrete Fakten. Oft bewirkt schon diese Rückmeldung, dass die Mitarbeiterin sich der Auffälligkeit ihres Verhaltens bewusst wird. Bei frühzeitigem Ansprechen kann schon so eine Verhaltensänderung bewirkt werden.

· Informieren Sie sich über interne Unterstützungsprozesse und Vorgehensweisen. Viele Firmen verfügen über Stufenpläne, die das interne Vorgehen im Anlassfall regeln. Holen Sie sich selbst Unterstützung und lassen Sie sich von Expertinnen und Experten coachen und nützen Sie firmeninterne Strukturen. (29.10.2020)