Green Tech Summer heißt das Projekt, "Gründen statt Praktikum" ist die Devise. Studierende entwickeln ihre grünen Unternehmensideen mit Profis weiter und formen ihre Geschäftsidee. Die Steiermark hat sich das von der schwedischen Universität Lund abgeschaut und heuer erstmals in die Welt gebracht. 15 Studierende haben eingereicht, eine Jury der Projektpartner hat neun Ideen ausgewählt und pro Teilnehmendem zwischen drei- und viertausend Euro inklusive Expertenbegleitung zur Seite gestellt. Das Ziel ist, Unternehmerspirit zu wecken und grüne Tech-Start-ups in der Steiermark zu forcieren. Nicht alle haben durchgehalten, eine Handvoll Ideen ist mittlerweile allerdings auch unternehmerisch konkret geworden. Wir stellen hier vier Beispiele dieses ersten Green Tech Summer vor.

Der nächste Sommer dieser Art ist bereits geplant und finanziert, eingereicht werden kann im kommenden Jänner.

Material Arts: Alternative zu Leder

Sabine Friesacher und Patrik Radic machen Alternativleder.
Green Tech Summer/Silke Traunfellner

Die übliche Herstellung von Leder schadet Tier, Mensch und Umwelt, sagen Sabine Friesacher und Patrik Radic. Sie wollen das mit ihren Grow-it-yourself-Boxen lösen, mit denen man selbst eine Alternative zu Leder herstellen kann. Mithilfe von Essigsäurebakterien, Tee und Zucker wird Zellulose erzeugt, die nach der Weiterverarbeitung bestimmte Eigenschaften von Leder aufweist. Nach einigen Wochen bildet sich ein Gelee, das abgeschöpft und getrocknet wird, durch verschiedene Zugaben (etwa Leinöl) mit besonderen Eigenschaften versehen werden kann (beispielsweise Wasserabweisung) und in der Box bereits formgebend gestaltet werden. Verschiedene Zusätze erlauben das Färben – zuckerhältige Obstreste beispielsweise sorgen für Fermentierungsprozesse der Zellulose. Die jungen Gründer wollen Boxen mit Herstellungsanleitung inklusive Grundzutaten verkaufen. Der Businessplan dafür ist gerade in Arbeit.

Milkywaste: Essbares Bioplastik

Ivan Knechtl arbeitet an Bioplastik.
Green Tech Summer/Silke Traunfellner

Ivan Knechtl will die Verpackungsindustrie neu definieren. Und zwar mit essbarem Bioplastik aus Milchabfällen. Damit klinkt sich der 29-Jährige direkt in das größte Abfallthema zur notwendigen Reduktion des Plastikmülls ein. Endkunden sollen mit diesem aus Milchproteinen hergestellten Verpackungen einerseits länger haltbare Lebensmittel zu Hause haben, andererseits eine Verpackung, die sich binnen weniger Minuten in heißem Wasser auflöst, kompostierbar ist und bei versehentlicher Aufnahme nicht schädlich wirkt. Tiere, die seine Verpackungen fressen, sollen nicht mehr mit plastikverstopften Mägen sterben, sondern durch die in der Verpackung enthaltenen Proteine sogar gestärkt und genährt werden.Basis des Geschäftsmodells ist ein Patent zur Herstellung, verdienen will Knechtl im B2B-Geschäft mit Verpackungsherstellern mittels Lizenzen. Dass Auflagen und Umweltkosten das derzeit zwei- bis fünffach teurere Bioplastik quasi fördern werden, davon ist er überzeugt.

Felloz: Mit Klick spenden und die Wirkung sehen

Raphael Marton und Carla Kowanda digitalisieren Spenden.
Green Tech Summer/Silke Traunfellner

Carla Kowanda und Raphael Marton wollen den Spendenbereich auf digitale und lückenlos überprüfbare Beine stellen. Marton (28) hat selbst als Fundraiser gearbeitet, so entstand die Geschäftsidee. Abgestellt auf mobile User wird mittels künstlicher Intelligenz die Präferenz der Spenderinnen und Spender ermittelt, es werden Vorschläge gemacht. Basis ist zunächst das Spendengütesiegel und ein ähnliches Zertifikat in Deutschland, dann soll europaweit ausgerollt werden. Das Besondere: Spender werden mit Videocontent versorgt, auch was die Wirkung ihrer Spende betrifft. Eingezahlt wird zunächst auf ein Treuhandkonto, sollte das gewünschte Projekt nicht realisiert werden, dann wird rücküberwiesen. Provision wird von Spendern nicht kassiert, NPOs und NGOs werden Mitglied und zahlen dafür eine Gebühr. Der steirische Science Park hilft aktuell beim Businessplan, die Gründer sind überzeugt: "Der Spendenbereich braucht transparente Digitalisierung." Marton, der gerade seinen Master in Biomedical Engineering schreibt, hat sich ganz der Hilfe für Umwelt und Soziales verschrieben, in Graz auch einen Verein gegründet, der Freiwillige für Ehrenämter motiviert. Die Erkenntnisse daraus, nämlich dass Spender vor allem ihren Impact sehen wollen, ist in die Geschäftsidee tragend eingeflossen.

Simple Chain: Planungstool gegen Verschwendung

Johannes Kröpfl baut Vorhersagetools für den Handel.
Green Tech Summer/Silke Traunfellner

Johannes Kröpfl ist 23, studiert Betriebswirtschaftslehre und Künstliche Intelligenz und nützt Daten als Quelle für seine Businessidee. Sein Anliegen mit Simple Chain: die Verschwendung im Lebensmittelhandel durch exakter planbare Einkaufsketten und -mengen zu minimieren. "Die Lieferketten sind komplex, die Kunden sind komplex, das führt zu Schwankungen", so Kröpfl. Allerdings würden diese Schwankungen erkennbar zyklisch verlaufen und könnten so mithilfe künstlicher Intelligenz vorhergesagt werden. Das verhindere zu hohe Lagerbestände vor allem bei verderblichen Gütern und maximiere – als Anreiz für den Handel – Profite minimiere nicht nur das Aussortieren, sondern auch den Aufwand für die Händler.Der Businessplan ist nun nach dem Sommercamp bereits fertig, jetzt sucht Kröpfl weitere Teammitglieder. Im Juli 2021 will er mit der Vorhersagesoftware auf dem Markt sein, Zielgruppe sind kleinere und mittelgroße Lebensmittelhändler und ihre Kunden.

(Karin Bauer, 28.10.2020)